08.02.2024

Israel: „Mit Füßen getreten?“

(idea) Die Medien in Deutschland berichten immer wieder über Anfeindungen gegen Christen in Jerusalem. Dabei entspricht das Bild, das sie zeichnen, nicht immer der Wirklichkeit. Aus Israel berichtet Valentin Schmid.

Eine Freikirche in Jerusalem. Der Pastor parkt sein Auto nicht auf, sondern neben dem Parkplatz. Jemand hat den Boden mit Schrauben präpariert, wollte so die Reifen zerstechen. „Das ist ihre Art, uns zu sagen, dass sie uns nicht mögen“, meint der Pastor.

Dass die Stimmung gegenüber Christen rauer wird, merkten vor allem seine Kinder, die manchmal Beleidigungen jüdischer Mitschüler über sich ergehen lassen müssen. Doch von Christenverfolgung möchte er nicht sprechen. Im Vergleich zu anderen Ländern gehe es Christen in Israel super.

In deutschen Medien fällt die Einschätzung oft anders aus. „Verfolgte Christen in Jerusalem“ hieß zum Beispiel ein Beitrag des ARD-Magazins „Weltspiegel“, der am 1. Oktober 2023 gesendet wurde und noch im Internet abrufbar ist. Dort war ein Benediktinermönch in schwarzer Kutte zu sehen.

„Er möchte zum Aussichtspunkt vor der Klagemauer“, hieß es, als ihm ein orthodoxer Jude vor die Füße spuckt. Dann wurden Vorwürfe gegen Israels religiöse Regierung laut. Es fielen Begriffe wie „Enteignung“ und „Vertreibung“.

Dass manche Juden nichts mit Christen zu tun haben möchten, ist unschön, Spuckattacken hässlich. Erst am 3. Februar wurde wieder ein 17-Jähriger Jude festgenommen, der den Abt der Jerusalemer Benediktinerabtei, Nikodemus Schnabel, vor laufender Kamera angespuckt hatte.

Israel im Zerrbild

Trotzdem liefert der ARD-Film ein verzerrtes Bild von Israel. Das wird am besten in der Schlusssequenz deutlich: „Für radikale Juden sind Kreuze eine Schande. Und für sie liegt genau hier auf dem Berg Zion das Grab des jüdischen Königs David.“

Durch das Gebüsch filmt die Kamera einen Mann. „Und tatsächlich betet an diesem Tag ein jüdischer Soldat an der Mauer des katholischen Friedhofs zu seinem jüdischen König. Das christliche Erbe der Benediktiner tritt er dabei mit Füßen.”

Das wirft Fragen auf: Müssen Juden Kreuze toll finden? Hat sich der Reporter wirklich mit dem Thema befasst, wenn er meint, Juden würden König David anbeten? Trat auch der Papst jüdisches Erbe mit Füßen, als er 2014 an der Klagemauer ein christliches Gebet sprach?

Wenn es der ARD wirklich um Christenverfolgung ginge, gäbe es aus jedem anderen Land des Nahen Ostens mehr zu berichten als aus Israel. Und wenn es wirklich um Religionsfreiheit ginge, sollte sie erstmal zeigen, wie gut man mit Kippa durch Berlin laufen kann – und danach, wie es sich mit Mönchskutte in Jerusalem anfühlt. Das galt auch schon vor dem 7. Oktober.

(Der Autor, Valentin Schmid, ist freier IDEA-Mitarbeiter und hat bis Anfang Februar 2024 an der Hebräischen Universität Jerusalem studiert. Dies ist die letzte Folge seiner IDEA-Kolumne „Reise nach Jerusalem“.)