08.07.2024

Deutschland: Lebensrechtler kritisieren Verbot von Mahnwachen

ALfA-Vorsitzende: Das neue Gesetz ist verfassungswidrig

Berlin/Fulda (IDEA) – Mehrere Lebensrechtsorganisationen haben scharfe Kritik am vom Bundestag beschlossenen Verbot von Mahnwachen vor Abtreibungseinrichtungen geübt. Danach sind künftig in einem Bereich von 100 Metern um den Eingang von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Abtreibungskliniken „bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen“ untersagt. Die Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), Cornelia Kaminski (Fulda), bezeichnete den Beschluss laut einer Mitteilung als einen „Tiefpunkt“ der „ideologiegetriebenen Politik“ der Bundesregierung. Durch die Entscheidung des Bundestages vom 5. Juli würden rund um Abtreibungseinrichtungen und Beratungsstellen „Zensurzonen“ errichtet. Wer in einem Umkreis von 100 Metern für Schwangere in Not bete, werde künftig mit einem Bußgeld von 5.000 Euro bestraft. Nachvollziehbar wäre ein solches Gesetz allenfalls dann, so Kaminski weiter, wenn es tatsächlich notwendig sei, Frauen vor „‚Belästigungen‘“ im Umfeld solcher Einrichtungen zu schützen, und dies auf andere Weise nicht möglich sei. Allerdings sei kein einziger Fall aktenkundig, in dem eine Betroffene tatsächlich deswegen Anzeige erhoben habe. Belästigungen seien zudem bereits jetzt verboten; hierfür bedürfe es keines eigenen Gesetzes. Jede Regulierung der Versammlungsfreiheit falle darüber hinaus in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Die Bundesregierung agiere also übergriffig. Ferner stehe bereits seit Mai 2023 fest, dass das neue Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben werde. Damals hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig letztinstanzlich entschieden, dass ein Verbot von Mahnwachen außerhalb von Abtreibungseinrichtungen verfassungswidrig sei.

Kaminski: Christen werden stigmatisiert und kriminalisiert

An anderer Stelle sei die Regierung dafür „großzügiger“: So würden Demonstrationen, die ein Kalifat in Deutschland forderten, nicht verboten und antisemitische Demonstrationen und Umtriebe an Hochschulen als Ausdruck von Meinungsfreiheit geduldet. Allein in Berlin hätten Klimaaktivisten darüber hinaus innerhalb von zwei Jahren 3.700 Straftaten begangen. Ein Gesetz, mit dem dergleichen unterbunden würde, sei dennoch nicht in Aussicht. „Anders geht man mit Christen um: Sie werden durch die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes stigmatisiert und kriminalisiert.“ Wer so vorgehe, offenbare jedoch nicht nur ein mangelndes Demokratieverständnis. Er zeige auch, worum es wirklich gehe: „Um den Entzug der Grundrechte für diejenigen, die nicht die Meinung der Regierenden vertreten. Wäre diese Meinung so grundfalsch, müsste man sie nicht bekämpfen. Lügen haben kurze Beine, die Wahrheit kommt irgendwann ans Licht. Das weiß auch die Ampelkoalition – und setzt daher alles daran, sie zum Schweigen zu bringen.“

„Ärzte für das Leben“: Die beteiligten Mediziner wissen, was sie tun

Kritik kommt auch von den „Ärzten für das Leben“. Julia Kim und Kai Witzel (beide Fulda) vom Vorstand der Lebensrechtsorganisation bezeichneten den Beschluss in einer Stellungnahme als massiven Eingriff in die Rechte auf Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit. „Das zur Rechtfertigung dieser Grundrechtseinschränkungen angeführte Ziel, damit ‚Belästigungen‘ von ärztlichem Personal in Abtreibungseinrichtungen zu unterbinden, ist eine Fata Morgana.“ Die Behauptung, friedlich für das Recht auf Leben eintretende Menschen hinderten ärztliches Personal in Abtreibungseinrichtungen an ihrer Berufsausübung, sei ebenfalls an den Haaren herbeigezogen: „Wäre das tatsächlich ein Problem, wären die Medien voll gewesen von Berichten über solche Vorfälle. Vielmehr konnten Ärzte so ungestört arbeiten, dass sie die Abtreibungszahlen innerhalb von zwei Jahren im zweistelligen Prozentbereich steigern konnten.“ Wer aber zutiefst überzeugt sei, Frauen in existenzieller Not mit einer Abtreibung zu helfen, und darin nichts weiter sehe „als die Entleerung einer Gebärmutter, der wird die Aussage von Lebensrechtlern, hier handele es sich um vorgeburtliche Kindstötung, bestenfalls belächeln“. Dass Ärzte in Abtreibungseinrichtungen sie stattdessen aber als Behinderung ihrer Arbeit und Belästigung betrachteten, zeige daher vor allem eins: „Sie wissen, was sie tun.“

 

Ein „erschütterndes“ Frauenbild

Außerdem sei das hinter dem Gesetzesvorhaben stehende Frauenbild „erschütternd“, so die beiden Ärzte. Auf der einen Seite behaupteten die Abtreibungsbefürworter häufig, Frauen schritten selbstbestimmt zur Abtreibung, „die schließlich auch nichts anderes sei als die Entfernung von unerwünschtem ‚Schwangerschaftsgewebe‘“. Andererseits werde wird mit dem Gesetz das Bild einer schwachen, beinflussbaren Frau gezeichnet, die auf dem Weg zur Abtreibung durch eine Handvoll Lebensrechtler völlig aus dem Gleichgewicht geworfen werde.