09.06.2024

Indien: Wahlausgang in Indien Grund zur Erleichterung

Missionswerk: Die hindunationalistische BJP hat die absolute Mehrheit verfehlt

Aachen (IDEA) – Die Mitarbeiter des Internationalen Katholischen Missionswerks „missio“ (Aachen) haben mit Erleichterung auf den Wahlausgang in Indien reagiert. Das betonte die missio-Referentin Bettina Leibfritz im Interview mit dem katholischen Medienportal domradio.de (Köln). Zum Hintergrund: Die regierende hindu-nationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP) von Premierminister Narendra Modi ist bei den Parlamentswahlen zwar stärkste Kraft geworden, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Leibfritz zufolge ist es vor allem von Bedeutung, dass die BJP ihr erklärtes Ziel, mehr als 400 Sitze im Unterhaus und damit eine Zweidrittelmehrheit zu erlangen, nicht erreicht habe. Sonst hätte sie den säkularen Charakter der Verfassung ändern können, um den Hindus eine Vorrangstellung einzuräumen. Leibfritz sieht einen möglichen Grund für das Abschneiden der Regierungspartei in Modis aggressiver Rhetorik im Wahlkampf, die sich insbesondere gegen religiöse Minderheiten gerichtet habe. „Die Muslime sind zwar gegenüber den Hindus in der Minderheit, bleiben aber doch eine große Bevölkerungsgruppe. Und auch Nicht-Muslimen gefällt es nicht, wenn eine religiöse Minderheit auf so drastische Weise als Feind dargestellt wird.“ Der seit 2014 regierende Premierminister habe Muslime als „Infiltratoren“ bezeichnet, die zu viele Kinder hätten und zugleich behauptet, die Opposition wolle Hindus Geld wegnehmen und den Muslimen geben.

Lage für Christen könnte sich verbessern

Leibfritz hofft außerdem, dass der Wahlausgang auch die Lage der Christen im Land verbessern werde und es beispielsweise nicht mehr so leicht sein werde, Christen zu inhaftieren, weil sie angeblich nicht hindukonform sprächen. Ein eher säkular ausgerichteter Hindu, der als Menschenrechtsaktivist tätig sei, habe sich ihr gegenüber erleichtert gezeigt und seine Hoffnung bekundet, dass es künftig einfacher sein werde, sich für die Menschenrechte einzusetzen. Auch christliche Partner hofften, dass die Restriktionen nicht mehr so stark sein würden, wie sie es in den vergangenen Monaten und Jahren gewesen seien. Dennoch werde die BJP nach wie vor die größte Macht im Parlament bilden. „Das kann man nicht schönreden.“ Das Land stehe zudem vor den gleichen Herausforderungen wie zuvor. Selbst Modi habe kürzlich erneut erklärt, dass er die Armut im Land bekämpfen wolle. „Wir müssen im Blick behalten, dass Indien zwar einerseits wirtschaftlich boomt. Auf der anderen Seite tut sich eine riesige Schere zwischen Arm und Reich auf und es gibt immer noch Millionen von armen Menschen.“ Kurz nach den Wahlen habe Modi verkündet, dass er Indien bis 2047 in ein entwickeltes Land verwandeln wolle. Das sei ein hehres Ziel, an dem nichts auszusetzen sei, „solange er alle indischen Staatsbürger berücksichtigt“, so Leibfritz. Von den rund 1,4 Milliarden Einwohnern Indiens sind 72 Prozent Hindus, 14 Prozent Muslime und knapp fünf Prozent Christen.