18.03.2024

Russland: Einschränkungen der Religionsfreiheit im Überblick

AKREF-A/18.03.24 - Die Regierung der Russischen Föderation verletzt fortgesetzt ihre Verpflichtungen im Bereich der Religions- bzw. Glaubensfreiheit und damit verbundener Menschenrechte wie des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit.

Von 15. – 17. März fand die Präsidentenwahl statt. Da die Kandidatur aller wesentlichen Oppositionspolitiker, die sich noch auf freiem Fuß befinden, von der zuständigen Kommission abgelehnt wurde, kann man nicht von freien und fairen demokratischen Wahlen sprechen. Der vorprogrammierte Wahlsieger Vladimir Putin regiert Russland seit 1999 ununterbrochen als Präsident bzw. Premierminister. Seine Amtszeit ist geprägt von schweren Menschenrechtsverletzungen und den Invasionen Georgiens und der Ukraine.

Unter anderem wurden von Forum 18 folgende schwere Menschenrechtsverletzungen innerhalb der international anerkannten Grenzen Russlands dokumentiert:

- Strafverfolgung von Zeugen Jehovas und Muslimen, die sich versammeln, um die Werke des verstorbenen türkischen Theologen Said Nursi zu studieren unter dem Vorwand des „Extremismus“. Beide Gruppen wurden als „extremistische Organisationen“ eingestuft und verboten, doch ihre Anhänger versammeln sich weiterhin ohne staatliche Erlaubnis in Privatwohnungen um zu beten, zu singen, heilige Texte zu studieren und über ihre Glaubensüberzeugungen zu sprechen.

Im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen angeblichem Extremismus und strafrechtlichen Verurteilungen wegen der Ausübung des legitimen Rechts auf Religions- bzw. Glaubensfreiheit müssen Betroffene mit folgenden Konsequenzen rechnen:

a) Während der laufenden Ermittlungen auf die Liste von Terroristen und Extremisten gesetzt zu werden, auch wenn es zu keinem Gerichtsverfahren kommt. Dadurch werden ihre Bankkonten gesperrt, Probleme bei der Arbeitsplatzsuche, etc.;
b) Haftstrafen oder innerhalb von 30 Tagen zahlbare Geldstrafen im Fall einer Verurteilung;
c) bedingte Urteile führen im Fall einer weiteren Verurteilung während der Bewährungsfrist zum Widerruf der bedingten Strafnachsicht;
d) mögliche Verurteilung zu verordneter Arbeit bei Arbeitgebern nach Wahl der Behörden;
e) mögliche Einschränkungen der persönlichen Freiheit, z.B. Ausgehverbote, das Verbot, den Wohnort zu verlassen, an bestimmten Veranstaltungen teilzunehmen, Wohnsitz oder Arbeitsplatz zu wechseln, etc.;
f) Vorbestrafte müssen mit härteren Strafen rechnen;
g) die Verpflichtung, sich regelmäßig bei den Behörden zu melden;
h) im Falle von wegen Artikel 282.2 des Strafgesetzbuchs wegen Beteiligung an den Aktivitäten einer verbotenen „extremistischen Organisation“ verurteilten Personen Berufsverbote bzw. das Verbot, religiöse oder öffentliche Organisationen zu leiten oder an Aktivitäten derselben teilzunehmen. Das umfasst auch das Verbot der Teilnahme an Gottesdiensten registrierter Religionsgemeinschaften.

Die Liste der von Forum 18 dokumentierten schweren Menschenrechtsverletzungen umfasst weiters:

- Misshandlung bzw. Folter ohne strafrechtliche Folgen für die Täter;

- Gewissensgefangenen, die zum Zeitpunkt ihrer Geburt Bürger eines anderen Staates waren, kann die russische Staatsangehörigkeit entzogen werden mit darauf folgender Abschiebung in den ursprünglichen Heimatstaat;

- mindestens 42 Personen, denen Strafverfahren wegen der Ausübung ihrer Religions- bzw. Glaubensfreiheit drohen, stehen auf der mehr als 95.000 Personen umfassenden Fahndungsliste der Russischen Föderation;

- für die Diskreditierung der Streitkräfte der Russischen Föderation und von Freiwilligenverbänden wurden seit der Invasion der Ukraine neue strafrechtliche Bestimmungen eingeführt, ebenso für die Verbreitung angeblicher „Falschinformationen“ über die Streitkräfte (zwecks Bestrafung von Kritik an der Invasion der Ukraine);

- Verhängung von Geld- und Kerkerstrafen für Russen, die aus religiösen oder nicht religiösen Gründen gegen den Ukrainekrieg protestieren;

- kein ziviler Wehrersatzdienst zur Zeit der Mobilmachung, wodurch Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen gezwungen sind, in der Ukraine zu kämpfen; Freiheitsstrafen bei Verweigerung der Einberufung;

- das SOWA-Zentrum für Information und Analyse wurde von den Behörden geschlossen.

Auch in den von Russland besetzten Gebieten, die von der Regierung als Teile der Russischen Föderation betrachtet werden, kommt es zu vergleichbaren Verletzungen der Religions- bzw. Glaubensfreiheit und anderer Menschenrechte.

Nach der bereits vorab feststehenden Wiederwahl Vladimir Putins zum Präsidenten der Russischen Föderation ist mit keiner Besserung der Menschenrechtslage zu rechnen.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 15. März 2024).

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA