07.05.2024

Algerien: Urteil gegen evangelischen Pastor verschärft

In Berufungsverhandlung zu einem weiteren halben Jahr auf Bewährung verurteilt

Tizi Ouzou (IDEA) – In Algerien hat ein Berufungsgericht die Verurteilung eines einheimischen christlichen Konvertiten und Kirchenleiters verschärft. Pastor Youssef Ourahmane war wegen „illegaler Gottesdienstausübung“ im Juni 2023 zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 100.000 algerischen Dinar (knapp 700 Euro) verurteilt worden, obwohl die Behörden keine Beweise gegen ihn vorgelegt hatten. Im November 2023 war seine Haftstrafe von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt worden. Ende April fügte das Berufungsgericht in Tizi Ouzou nun eine zusätzliche Bewährungsstrafe von sechs Monaten hinzu. Ourahmane stammt aus einem muslimischen Elternhaus, wurde aber als Student Christ. Er ist seit 30 Jahren als evangelischer Pastor tätig und Vizepräsident des Dachverbandes Algerischer Evangelischer Gemeinden (EPA). Tizi Ouzou liegt rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Algier.

Verstoß gegen Religionsfreiheit

Über den Fall berichtete die christliche Menschenrechtsorganisation ADF International (Allianz zur Verteidigung der Freiheit/Wien) in einer Mitteilung. Die Leiterin der Interessenvertretung für globale Religionsfreiheit bei ADF International, Kelsey Zorzi (Washington/USA), äußerte sich „tief enttäuscht“ über das neue Urteil: „Niemand sollte bestraft werden, geschweige denn mit Gefängnis rechnen, wenn er sein Recht auf Religionsfreiheit ausübt.“ Die Entscheidung des Berufungsgerichts sei eine eklatante Verletzung dieses Rechts – nach algerischem und internationalem Recht. Man wolle seinen Fall nun vor den Obersten Gerichtshof des Landes in Algier bringen.

Behörden schlossen 42 von 43 evangelischen Gemeinden

Zum Verband EPA gehören 43 Gemeinden, die seit 2019 bis auf eine von den Behörden geschlossen wurden. Nach ADF-Angaben gehen die Sicherheitsbehörden systematisch gegen sie vor, indem sie behaupteten, es gebe „Gesundheits- und Sicherheitsbedenken“. Von den 45,8 Millionen Einwohnern Algeriens betrachten sich 99 Prozent als Muslime. Schätzungen zufolge leben rund 130.000 Christen im Land (0,3 Prozent der Bevölkerung). Der Islam ist die offizielle Staatsreligion, aber die algerische Verfassung erkennt das Recht auf freie Religionsausübung und Meinungsäußerung an. Auf dem Weltverfolgungsindex des Hilfswerks Open Doors steht Algerien an 19. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden. ADF International wurde 1994 von Christen unterschiedlicher Konfessionen in den USA gegründet. Nach eigenen Angaben arbeitet die Organisation derzeit mit über 3.200 Anwälten weltweit zusammen.