18.05.2024

Georgien: Proteste - Baptisten rufen zum Gebet auf

Bischof: Wie müssen beten, wie wir noch nie zuvor gebetet haben!

Tiflis (IDEA) – Zum Gebet für Frieden und Gerechtigkeit in Georgien hat der dortige baptistische Bischof Malkhaz Songulashvili (Tiflis) Christen in aller Welt aufgerufen. „Wir müssen so beten, wie wir noch nie zuvor gebetet haben!“, schrieb Songulashvili in einem Brief, den er am 16. Mai per E-Mail an Glaubensgeschwister verschickte. Der Anlass ist das umstrittene Gesetz zu „ausländischer Einflussnahme“, das das georgische Parlament am 14. Mai trotz massiver Proteste im Land verabschiedet hat. Kritiker befürchten, dass Georgien so künftig Nichtregierungsorganisationen stärker kontrollieren kann. Sie sind in Sorge vor „russischen Verhältnissen“. Die Abgeordneten billigten das Vorhaben mit 84 Ja-Stimmen bei 30 Gegenstimmen. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muss es von Präsidentin Salome Surabischwili unterzeichnet werden. Medienberichten zufolge steht sie auf der Seite der Demonstranten. Auch aus der Europäischen Union, bei der Georgien seit Ende 2023 den Status eines Beitrittskandidaten hat, gab es Kritik an dem Gesetz. „Wir fordern die georgischen Behörden dringend auf, das Gesetz zurückzuziehen“, hieß es in einer Erklärung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und des EU-Kommissars Olivér Várhelyi.

Kampf um Gerechtigkeit

Nach den Worten von Songulashvili tobt im Land „ein Kampf um Gerechtigkeit“: „Das Beste, was wir heute als Land, als Kultur, als Gesellschaft haben, ist die junge Generation, die in Freiheit geboren und aufgewachsen ist, und die sich am Aufbau dieser Gerechtigkeit beteiligt.“ Dass die Politik sie nun dämonisiere, sei eine große Ungerechtigkeit: „Es ist besser, auf der Seite der Unterdrückten zu stehen und etwas zu verlieren als auf der Seite des Unterdrückers zu stehen und davon zu profitieren.“ Weiter schrieb Songulashvili, Gott sei „immer auf der Seite der Unterdrückten und nicht auf der Seite des Unterdrückers“. Gott sei „mit denen, die selbstlos für Gerechtigkeit kämpfen“.

Beten bedeutet Kampf für die Wahrheit

Wie er weiter ausführte, ist Gebet nicht nur das Singen von Texten oder das Niederknien vor einem Altar: „Beten bedeutet, für die Wahrheit zu kämpfen, im Regen und in der Kälte draußen zu bleiben; Gebet ist Kampf für Halt und Versöhnung!“ Er würdigte in diesem Zusammenhang die Gottesdienste und Gebete in der Osternacht, die in den orthodoxen Kirchen in der Nacht zum 5. Mai gefeiert wurde. Außerdem zeigte er sich überzeugt: „Aber die größte Liturgie feierten unsere jungen Leute an diesem Abend, wo völlig unterschiedliche Menschen – vereint durch die Liebe zu ihrem Vaterland und den Durst nach Gerechtigkeit – mit brennenden Kerzen in den Händen beisammen standen und gemeinsam Kirchenlieder sangen.“

Ein kleiner Bund

Zum kleinen Baptistenbund in Georgien gehören 38 Gemeinden mit zusammen 810 Mitgliedern. 84 Prozent der 3,7 Millionen Einwohner Georgiens sind Mitglieder der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche, 9,9 Prozent sind Muslime, 3,9 Prozent gehören anderen christlichen Glaubensgemeinschaften an. Darüber hinaus gibt es etwa 10.000 Juden im Land. Seit 2011 sind religiöse Minderheiten in Georgien gesetzlich geschützt.