25.09.2020

Indien: Neues Gesetz erhöht Druck auf Christen weiter

Zahlreiche Kirchen und christliche Werke fürchten um ihre Existenz


(Open Doors, Kelkheim) – Das indische Parlament hat am vergangenen Mittwoch eine Gesetzesnovelle verabschiedet, die die Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) durch ausländische Geldgeber deutlich stärker als bisher einschränkt. Davon sind zahlreiche christliche Werke und Gemeinden betroffen, deren Arbeit auf Spenden aus dem Ausland angewiesen ist.
 
„Ein schwerer Schlag für die Organisationen“ 
Die jetzt in Kraft getretene Ergänzung des FCRA (The Foreign Contribution Regulation Act) reguliert die finanzielle und anderweitige Unterstützung lokaler NGOs durch Einzelpersonen oder Organisationen aus dem Ausland. Das Gesetz hat bereits in der Vergangenheit die Tätigkeit von NGOs extrem erschwert. Unter den 20.000 NGOs, denen seit 2016 die Betriebserlaubnis entzogen wurde, ist auch das weltweit tätige christliche Hilfswerk Compassion. Es musste im Jahr 2017 seinen indischen Arbeitszweig schließen.
Die aktuelle Erweiterung des FCRA unterstellt die gesamte Tätigkeit von NGOs direkt der Kontrolle der Regierung. Die meisten christlichen Organisationen und Kirchen in Indien sind als NGO registriert. Deshalb trifft die Neuerung insbesondere christliche Werke, die seit langem mit internationalen Kirchen und Organisationen zusammenarbeiten und häufig auf finanzielle Zuwendungen aus dem Ausland angewiesen sind. Nach Einschätzung eines Kommentators der Tageszeitung „The Hindu“ wird „die Zusammenarbeit selbst mit nationalen NGOs, die den FCRA-Bestimmungen entsprechen, eingeschränkt werden, da der Gesetzentwurf keine Unterfinanzierung vorsieht. … Diese Änderung wird also für die Organisationen in Bezug auf die Zahlung von Gehältern, Honoraren, Rechnungen von Versorgungsunternehmen, Reisekosten und anderen Ausgaben dieser Art ein schwerer Schlag sein.“
Angesichts der Folgen der Corona-Pandemie stehen lokale Partner von Open Doors derzeit vor großen Herausforderungen. Bislang konnten sie in Indien Nahrungsmittel und andere dringend benötigte Hilfsgüter an 14.750 notleidende christliche Familien (etwa 76.000 Menschen) verteilen. Der jüngste Erlass dürfte ihre Arbeit zusätzlich erschweren.
Vorwurf „Zwangsbekehrungen“ 
Aus Sicht der Regierung werden die ausländischen Geldmittel von christlichen Organisationen dazu verwendet, Menschen in betrügerischer Weise – etwa durch Zwang, materielle Anreize oder unwahre Versprechungen – zur Annahme des christlichen Glaubens zu verleiten. Erst vor wenigen Tagen wurde mehreren NGOs die FCRA-Lizenz entzogen, da sie Verbindungen zu ausländischen Kirchen hatten und fälschlicherweise behauptet wurde, sie seien aktiv an der Zwangskonversion von Stammesangehörigen beteiligt.
Seit dem Amtsantritt von Premierminister Modi im Jahr 2014 hat die Ideologie der Hindu-Nationalisten massiv an Bedeutung gewonnen. Ihre Verfechter bekämpfen den Einfluss nicht-hinduistischer Religionen auf allen Ebenen der Gesellschaft. Neben dem deutlichen Anstieg von gewaltsamen Übergriffen auf Christen und christliche Gemeinden durch extremistische Hindus, haben auch Regierungsbeamte und Behörden Anteil an der wachsenden Diskriminierung von Christen.
Auf dem Weltverfolgungsindex 2020 steht Indien an 10. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Quellen: The Hindu, Open Doors