14.04.2021

Indien: Ankündigung des Anti-Konversionsgesetzes in Karnataka löst Verfolgungswelle aus

Indien-korrespondent von International Christian Concern (ICC) /14.04.2021 - Am 6. Januar kündigte der Minister für das Wohlergehen von Minderheiten im indischen Bundesstaat Karnataka an, dass der Staat ein Anti-Konversionsgesetz erlassen werde, um der angeblichen Bedrohung durch den „Dschihad der Liebe“ zu begegnen. Seit dieser Ankündigung haben die Angriffe auf Christen und andere religiöse Minderheiten in diesem Bundesstaat an Zahl und Schwere dramatisch zugenommen.

Karnataka ist der vierte Bundesstaat in Indien, der von der Bharatiya Janata Party (BJP) geführt wird, der in den letzten Monaten seine Absicht ankündigte, ein Anti-Konversionsgesetz zu erlassen. Uttar Pradesh, Madhya Pradesh und Haryana gingen Karnataka voraus, und sowohl Uttar Pradesh als auch Madhya Pradesh verabschiedeten Anti-Konversionsgesetze im November 2020 bzw. Januar 2021.

Sowohl in Uttar Pradesh als auch in Madhya Pradesh löste das Inkrafttreten der neuen Anti-Konversionsgesetze eine Welle antichristlicher Gewalt aus. In beiden Bundesstaaten wurden Christen und ihre Gotteshäuser zunehmend von radikalen Hindu-Nationalisten angegriffen, die die neuen Anti-Konversionsgesetze als rechtlichen Schutz nutzten, um ihre Gewalt zu legitimieren.

In Karnataka hat die bloße Ankündigung der Absicht der Regierung, ein Anti-Konversionsgesetz zu erlassen, eine ähnliche Wirkung gehabt.

"Das Niveau der Intoleranz hat hier neue Höhen erreicht", sagte Pastor Samuel, der eine methodistische Kirche in Karnataka leitet, gegenüber International Christian Concern (ICC). "Früher haben wir hier und da von einzelnen Vorfällen gehört. Aber jetzt sind die Angriffe auf Christen gezielt, gut geplant und gewalttätig. Es gibt keine Ausnahme für irgendeine Konfession oder Gemeinde."

Am 27. Februar stürmte ein Mob von 15 Bajrang Dal-Aktivisten eine Methodistenkirche in Ituga, in der sich 25 Christen zum Fastengebet versammelt hatten. Der Mob beschuldigte die Christen, durch ihre Versammlung zum Gottesdienst eine öffentliche Störung zu verursachen, und forderte, die Kirche dauerhaft zu schließen.

Als Gemeindemitglieder versuchten, sich gegen den Mob zur Wehr zu setzen, griffen die Bajrang Dal-Aktivisten mit Messern und anderen Waffen an, wodurch mehrere Christen, darunter Frauen und Kinder, verletzt wurden.

"Ich hatte solche Angst, als sie mich mit den Klingen angriffen", sagte Nirmala, eine 20-jährige Überlebende, gegenüber ICC. "Sie haben uns überhaupt nicht zugehört. Sie wollten den Gottesdienst beenden und die Kirchentüren verschließen."

Bei einem anderen Vorfall wurde ein 76-jähriger Pastor von radikalen Hindu-Nationalisten belästigt und öffentlich lächerlich gemacht, als er versuchte, den Sonntagsgottesdienst in K.R. Peta Town im Distrikt Mandya zu leiten. Pastor Peter, der fast 80 Meilen reist, um den Gottesdienst in der New India Church of God zu leiten, erzählte ICC, dass er von einer Gruppe von 10 Radikalen angegriffen wurde, die am 21. März in die Kirche eindrangen.

"Wegen meines Alters hatte ich ohnehin Angst", erzählte Pastor Peter dem ICC. "Sie behaupteten, dass ich 800 Dollar für jede Person in der Gemeinde erhalten würde. Der Mob schrie mich an und verlangte zu wissen, warum ich Hindus zum christlichen Glauben bekehrte."

"Sie pöbelten auch die Versammlung an", fuhr Pastor Peter fort. "Sie drohten, ihnen die Lebensmittelkarten und die staatlichen Leistungen, die für die wirtschaftlich Armen gedacht sind, wegzunehmen. Der Mob beschimpfte auch die Frauen mit unflätigen Worten."

Vor den Augen seiner Gemeinde zwang der Mob Pastor Peter, einen safranfarbenen Schal anzulegen, ein Symbol des Hindu-Nationalismus, und "Jai Sri Ram" zu singen, einen hindu-nationalistischen Slogan. Der Mob führte Pastor Peter dann aus der Kirche hinaus und verhörte Mitglieder der Gemeinde.

 

"Die Leute in der Gemeinde sagten dem Mob, dass sie die Gebete freiwillig besuchen", erklärte Pastor Peter. "Sie sagten dem Mob, dass niemand sie gezwungen oder gelockt hat, Christen zu werden."

Der Mob sagte Pastor Peter, dass sie ihn der Polizei ausliefern würden, was Pastor Peter beunruhigte. Jemand, den Pastor Peter nicht identifizieren konnte, half ihm jedoch, sich aus der Menge zu entfernen und setzte ihn an einer Busstation ab, von wo aus er K.R. Peta Town verlassen konnte.

"Es gibt so viel Angst unter den Christen in unserem Staat", sagte ein christlicher Leiter, der um Anonymität bat, gegenüber ICC. "Wir hören fast täglich davon, dass Christen wegen ihres Glaubens angegriffen und verspottet werden. Wir fürchten, dass dieser Trend von Tag zu Tag zunimmt, und wir können uns nirgendwo hinwenden, da die Behörden die Aktivitäten der Radikalen oft unterstützen."

Während Karnataka das angekündigte Anti-Konversionsgesetz noch nicht erlassen hat, handeln viele radikale Hindu-Nationalisten vor Ort so, als gäbe es das Gesetz bereits. Die Zunahme der Angriffe in ganz Karnataka hat viele Christen besorgt darüber, was passieren wird, wenn das Anti-Konversionsgesetz in Kraft tritt. Wird es eine Zunahme der Verfolgung verursachen? Aufgrund dessen, was in anderen Bundesstaaten geschehen ist, scheint die Antwort auf diese Frage leider offensichtlich zu sein.

Quelle: International Christian Concern; www.persecution.org

Aus dem Englischen übersetzt und überarbeitet von AKREF