20.04.2021

Syrien: Zwei orthodoxe Bischöfe vor acht Jahren entführt

Gesellschaft für bedrohte Völker: Die Hoffnung auf ein Wiedersehen schwindet

Göttingen/Damaskus (IDEA) – Seit acht Jahren sind zwei Kirchenleiter in Syrien verschwunden (wir berichteten): Am 22. April 2013 wurden der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Mor Gregorius Yohanna Ibrahim, und der Erzbischof der griechisch-orthodoxen Kirche, Boulos Yazigi, von Unbekannten nahe Aleppo entführt, ihr Fahrer erschossen. Sie wollten über die Freilassung eines von Islamisten gefangenen Priesters verhandeln. Seither gibt es kein Lebenszeichen von ihnen. Bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) schwindet nach eigenen Angaben die Hoffnung, die beiden Bischöfe wiederzusehen. Am 22. April sollen die Kirchenglocken in Aleppo läuten, um an die Kirchenleiter zu erinnern. Sie wurden 2014 auf Vorschlag der Organisation mit dem Weimarer Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

Islamisten vertreiben religiöse Minderheiten

Laut ihres Nahostreferenten, Kamal Sido, gibt es in vielen Teilen Syriens keine religiöse Vielfalt mehr. Die jüdische Minderheit sei bereits in den 1950er Jahren geflohen, als es zum Konflikt mit Israel kam. „Der aggressive Islamismus in den von der Türkei besetzten Gebieten vertreibt heute Christen, Yeziden, Drusen, Ismailiten und andere religiöse Minderheiten“, so Sido. In den Häusern der Betroffenen würden meist Familien radikaler Islamisten untergebracht.

Höchstens noch 700.000 Christen in Syrien

Das Assad-Regime behellige die altansässigen christlichen Gemeinschaften nach wie vor nicht. Doch gegenüber neuen Kirchen, insbesondere evangelikalen Gemeinden, herrsche Misstrauen. Der sunnistisch-arabischen Bevölkerung seien Menschen suspekt, die vom Islam zum Christentum konvertierten. Mehr Toleranz herrsche in der kurdisch-sunnitischen Bevölkerung in Gebieten, die unter Kontrolle der kurdisch dominierten „Syrischen Demokratischen Kräfte“ seien. Um 1900 waren der Gesellschaft für bedrohte Völker zufolge noch über 25 Prozent der Bevölkerung im heutigen Syrien christlich. Heute liege der Anteil der Christen nur noch bei drei Prozent. Von 2011 bis jetzt sei die christliche Bevölkerung von 1,4 Millionen Angehörigen auf geschätzte 500.000 bis 700.000 geschrumpft. Syrien hat rund 19 Millionen Einwohner. Etwa drei Viertel sind sunnitische Muslime und zwölf Prozent Alawiten, die ihre Wurzeln im schiitischen Islam haben.