19.06.2021

Nigeria: 20.000 Christen in fünf Jahren getötet

Missionstag der Hilfsaktion Märtyrerkirche: „Kompromisslos für Jesus“

Bremen (IDEA) – In keinem anderen Land der Welt gab es in den vergangenen Jahren so viele tödliche Angriffe auf Christen wie in Nigeria: „In den letzten fünf Jahren wurden über 20.000 Christen umgebracht.“ Das beklagte Pastor Obiora Ike (Enugu) beim Missionstag der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ (HMK) am 19. Juni in Bremen. Die Konferenz unter dem Motto „Kompromisslos für Jesus“ fand als Präsenzveranstaltung in der evangelischen St.-Martini-Gemeinde statt und wurde digital im Internet übertragen. Fast 2.200 Teilnehmer verfolgten online die Konferenz. Nach den Worten von Ike sind unter den 210 Millionen Einwohnern des Landes 80 Millionen Christen, 70 Millionen Muslime und 50 Millionen Anhänger afrikanischer Stammesreligionen. Dennoch fördere die Regierung die Islamisierung des Landes. In zwölf der 36 Provinzen gelte bereits die islamische Rechtsprechung der Scharia, obwohl das die Verfassung offiziell verbiete. In der Folge seien 2,5 Millionen Christen aus dem islamisch dominierten Norden in den Süden des Landes geflohen. Christen hätten in dem Land kaum noch Zukunftschancen. Ike: „Wenn du Johannes heißt, dann bekommst du die freie Stelle nicht, auch wenn du deutlich besser qualifiziert bist als ein Mitbewerber, der Mohammed heißt.“ Entführungen und Vergewaltigungen von Christen seien an der Tagesordnung. Auch auf ihn persönlich sei bereits ein Mordanschlag verübt worden, so Ike. Drei in Priesterkleidung bewaffnete Terroristen hätten ihn töten wollen. Er habe darum gebeten, in seiner Kirche zuvor noch ein letztes Gebet sprechen zu dürfen. Die Männer hätten dann aber ihr Vorhaben aufgegeben – mit dem Hinweis: „Sie sind ein guter Mann.“ 

Nach Schuss in den Kopf verzeiht ein Christen den Attentätern

Weniger glimpflich kam ein Christ aus dem Norden des Landes davon: Habila Amadu. Er berichtete, wie ihn 2012 Mitglieder der islamistischen Terrororganisation Boko Haram (Westliche Bildung ist Sünde) überfallen und in den Kopf geschossen hätten. Erst neun Stunden später sei Hilfe eingetroffen. Doch in mehreren Krankenhäusern seien die Ärzte nicht fähig gewesen, die schweren Wunden zu versorgen. Dass es ihm heute wieder gut gehe, sei ein Wunder Gottes. Er verspüre keinen Hass mehr auf die Angreifer: „Wenn ich sie jemals wieder treffen sollte, werde ich sie umarmen und für sie beten.“ Gerade ihnen gegenüber wolle er bezeugen, „dass Gott die Liebe ist“. 

Von den verfolgten Christen in Nordkorea lernen

Der Leiter des mit der HMK verbundenen Hilfswerks „The Voice of he Martyrs“ in Südkorea, Eric Foley (Seoul), sagte, Christen im Westen könnten viel von den verfolgten Christen in Nordkorea lernen. Weil das kommunistische Land bitterarm sei, setzten sie ihr ganzes Vertrauen auf Jesus Christus und nicht auf Geld oder eigenes Können. Das erfülle sie mit einer großen inneren Freude und Freiheit. Wie Foley weiter ausführte, enthält die Staatsideologie des Landes viele christliche Elemente. Das liege daran, dass der Staatsgründer Kim Il-sung (1912–1994) in einer christlichen Gemeinde aufgewachsen sei. Er habe erkannt, dass die Christen aufgrund ihres Glaubens einen großen Zusammenhalt hätten. Das habe er für den kommunistischen Staat übernommen und Gott durch sich selbst übersetzt. Heute komme das Volk in kirchenähnlichen Gebäuden zusammen, singe Loblieder auf den Diktator, bekomme Zitate von ihm vorgelesen und höre Ansprachen dazu. Das führe dazu, dass Christen, denen die Flucht aus dem Land gelinge, meist überrascht seien, dass das Christentum vermeintlich so viele Elemente der offiziellen Juche-Doktrin übernommen habe. Foley: „Dabei ist die Juche-Ideologie eine Kopie des Christentums.“ Aber so werde verständlich, warum das nordkoreanische Regime den Besitz von Bibeln unter Strafe stelle. Foley rief zum Gebet dafür auf, dass „das Evangelium aus Nordkorea herauskommt“ und den Glauben der Christen im Westen inspirieren könne. 

Hunger nach Bibel in Burkina Faso 

Die als Entwicklungshelferin für die christliche Organisation „Coworkers“ (Stuttgart) tätige Lehrerin Annette Weirich (Naila) berichtete von ihrer Arbeit im westafrikanischen Burkina Faso. Die Menschen dort hätten einen großen Hunger nach dem Wort Gottes. Sie habe deshalb einen christlichen Buchladen eröffnet. Zudem sei der Bau eines Internats geplant. Wer als Schüler mehr erlernen wolle als nur Grundschulkenntnisse, müsse auf weiterführende Schulen gehen, die es auf dem Land nicht gebe. Bisher seien sie aber dort völlig auf sich allein gestellt. Mit dem Internat wolle man ihnen eine Begleitung und Betreuung ermöglichen. Auf der Konferenz wurden für ihre Arbeit Spenden gesammelt. 

Kenia: Auch Muslime werden Christen

Der Leiter des Missionswerks „Sheepfold Ministries“ (Schafstall) in Kenia, Francis Omondi (Nairobi), berichtete, dass Muslime in dem Land gezielt aufgestachelt würden, um gegen Christen vorzugehen. Dennoch erlebe man es immer wieder, dass gerade Muslime zum christlichen Glauben fänden. Laut Omondi arbeitet seine Organisation mit 75 Missionaren vor allem unter den bisher von der christlichen Botschaft unerreichten Volksgruppen. 

 

Parzany: Das Evangelium spaltet die Gesellschaft 

Die Predigt im Auftaktgottesdienst der Konferenz hielt der Pfarrer und Evangelist Ulrich Parzany (Kassel). Er rief Christen dazu auf, begeistert ihren Glauben zu bekennen. Zugleich machte er deutlich, dass die Predigt des Evangeliums „immer zu einer Spaltung der Gesellschaft führt“. Das gelte seit den Anfängen der ersten christlichen Gemeinde vor 2000 Jahren. Es habe immer Menschen gegeben, die das Evangelium ablehnen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass Christen diese Menschen ablehnten oder gar hassten: „Wir sind keine Fanatiker.“ 

Latzel: Bin kein Opfer von Christenverfolgung

Im Gespräch mit HMK-Missionsleiter Manfred Müller (Uhldingen/Bodensee und Wetzlar) bekannte der Gastgeber der Konferenz, der Pastor der St.-Martini-Gemeinde in Bremen, Olaf Latzel, dass er kein Opfer einer Christenverfolgung geworden sei. Zum Hintergrund: Die Bremische Evangelische Kirche hatte ihn im Dezember 2020 vorläufig des Dienstes enthoben, weil das Amtsgericht Bremen ihn im November in erster Instanz wegen Volksverhetzung verurteilt hatte. Grund für die Verurteilung waren Aussagen in einem „Eheseminar“ seiner Gemeinde, das auf YouTube veröffentlicht wurde. Darin hatte Latzel unter anderem Homosexualität als eine „Degenerationsform der Gesellschaft“ bezeichnet. Später entschuldigte Latzel sich für seine Aussagen und löschte die Aufzeichnung im Internet. Die Kirche hob die vorläufige Dienstenthebung von Latzel im April auf. Wie Latzel dazu jetzt anmerkte, hat er die ganze Zeit erlebt, dass Jesus Christus ihn „in den finsteren Tälern“ durchgetragen habe. Dankbar sei er auch für eine „überwältigende Solidarität“, die ihn aus ganz Deutschland erreicht habe. Für ihn sei diese Erfahrung nun eine Herausforderung, sich stärker als bisher für wirklich verfolgte Christen einzusetzen. Die HMK wurde auf Initiative des rumänischen Pastors Richard Wurmbrand (1909–2001) gegründet, der selbst unter teils schwerster Folter über 14 Jahre in kommunistischen Gefängnissen verbracht hatte, bevor er von Christen aus dem Westen freigekauft werden konnte. Heute betreibt das Missionswerk 170 Projekte in 50 Ländern, in denen Christen verfolgt werden.