01.01.2021

Weltweit: Flucht und Angst statt Weihnachtsfrieden

Christen werden in vielen Teilen der Welt daran gehindert, ihren Glauben auszuüben: In Afrika und Asien drohen ihnen Regierungen und Extremisten. Im Nahen Osten sinkt die Zahl der Christen seit Jahren

IIRF-D/Tübingen/ 01.01.2021.  Einem Bericht von Ulrich Pick (SWR) zufolge, beobachtet schon seit Längerem die Vizepräsidentin und Bischöfin des Kirchenamts der EKD in Hannover Petra Bosse-Huber, dass weltweit immer mehr Christen Druck ausgesetzt sind und an der Ausübung ihres Glaubens gehindert werden. "Die christliche Religion als größte Weltreligion ist auch am meisten betroffen von der Verletzung der Religionsfreiheit", sagt die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Die Repressionen seien zudem in den vergangenen Jahren ständig gewachsen: Konkret zählten hierzu terroristische Anschläge auf christliche Minderheiten ebenso wie eine Verweigerung des Rechtes auf Religionswechsel und gezielte soziale Ausgrenzung sowie Benachteiligung.

Matthias Vogt, der Generalsekretär des katholischen "Deutschen Vereins vom Heiligen Lande", unterstreicht die Sicht der evangelischen Auslandsbischöfin: Auch er sieht eine weltweite Zunahme des Drucks auf bekennende Christen.

Dies gelte, sagt der gelernte Islamwissenschaftler, vor allem für Afrika und Asien, wo er gleich mehrere Problemfelder für die Religionsfreiheit von Christen sieht: "Das eine ist der Hindunationalismus in Indien, wo es für Christen immer schwieriger wird, ihre Rechte von der Regierung in Delhi garantiert zu bekommen. Das zweite sind autoritäre und ehemals kommunistische Regime wie Nordkorea und Vietnam, die die Religionsfreiheit stark einschränken."

Zudem gibt es laut Vogt im Nahen Osten ein großes Problem - insbesondere in Saudi-Arabien, wo der wahhabitische Islam Staatsreligion ist - sowie in Westafrika, speziell in Nigeria, wo Christen Gewalttätigkeit durch die Gruppe Boko Haram ausgesetzt sind.

Besonders bedrückend sei, dass seit Jahren immer mehr Christen den Nahen Osten verlassen. So stellten sie vor rund 100 Jahren im ausgehenden Osmanischen Reich noch rund 20 Prozent der orientalischen Bevölkerung. Heute sind es nicht einmal mehr fünf Prozent. Besonders stark flohen die Christen in den vergangenen Jahren aus dem Irak und Syrien. Im Zweistromland sank ihre Zahl seit dem Sturz des irakischen Diktators Diktator Saddam Hussein von 1,5 Millionen auf heute rund 200.000 Menschen. Aus Syrien flohen durch den Bürgerkrieg rund zwei Drittel der Christen - das sind mehr als eine Million.

Zwar habe der Exodus der Christen aus dem Nahen Osten im ablaufenden Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht weiter angezogen. Doch hat sich ihre Lage nach Vogts Angaben auch nicht verbessert. Weltweit habe die Pandemie eher zu einer Verschlechterung beigetragen: "Corona hat die Armut verschärft und somit auch den Zulauf zu extremistischen Gruppen", sagt er. "Dies ist ein Grund, weshalb es für Christen zum Beispiel in Nigeria noch einmal gefährlicher geworden ist."

Ob das Christentum im Nahen Osten infolge des anhaltenden Exodus möglicherweise einmal komplett verschwinden wird, darüber gibt es unterschiedliche Vermutungen. Momentan wird eher darüber diskutiert, wie man hierzulande angemessen darauf reagieren kann, dass so viele orientalische Christen ihre eigene Heimat und somit auch die Heimat ihrer Religion verlassen.

Bischöfin Bosse-Huber empfiehlt hier eine zweigleisige Strategie: Es gelte, denjenigen Christen, die nach Mitteleuropa kommen, einen guten Neustart zu gewährleisten. Gleichzeitig müsse aber auch alles unternommen werden, um Christen im Nahen Osten zu unterstützen - sowohl materiell als auch spirituell. Hier seien Kirchen und Politik gleichermaßen gefordert.

Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/weihnachten-christen-arabische-welt-101.html