05.01.2021

Deutschland: Rabbiner in Hessen mit antisemitischen Parolen beschimpft

Der Rabbiner Mendel Gurewitz bedankt sich bei Offenbachern für Zivilcourage

Offenbach (idea) – An Neujahr ist der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Offenbach, Mendel Gurewitz, in der Innenstadt mit antisemitischen Parolen beleidigt worden. Doch die Bürger zeigten Zivilcourage und verfolgten den Täter. Wie die Polizei Offenbach mitteilte, wurde der jüdische Geistliche gegen 18.15 Uhr mit seinen Kindern auf dem Heimweg aus der Synagoge verbal angegriffen. Mehrere Zeugen riefen die Polizei, die den Tatverdächtigen daraufhin festnahm. Bei ihm handelt es sich um einen 46 Jahre alten Mann ohne festen Wohnsitz, der bei dem Angriff angetrunken gewesen sein soll. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Bei seiner Festnahme soll er auch die Polizisten beleidigt haben.

„Plötzliche Explosion von Liebe“

Nach der Attacke zeigte sich Gurewitz dankbar für die erfahrende Zivilcourage einiger Bürger. Mit „Stolzer Offenbacher und stolz auf meine Nachbarn“ überschrieb er eine Veröffentlichung im sozialen Netzwerk Facebook. Nach der „traumatischen“ Erfahrung seien ihm und seiner Familie binnen Sekunden Nachbarn zur Seite gesprungen. Leute hätten aus den Fenstern heraus den Angreifer angeschrien, die Polizei gerufen, einige hätten den Täter auf eigene Faust verfolgt. „Es war eine plötzliche Explosion von Liebe und Unterstützung, eine mutige und warme Umarmung von Nachbarn verschiedenster Herkunft und Ethnien, die gemeinsam handelten, um ihren Bruder zu verteidigen, den Rabbi“, so Gurewitz. Er und seine Familie seien stolz, in Offenbach zu leben und mit solch großartigen Nachbarn gesegnet zu sein. Gurewitz war in der Vergangenheit bereits mehrfach antisemitisch beleidigt und angegriffen worden.

Lob aus der Politik

Anerkennung für das Einschreiten der Nachbarn kam auch aus der Politik. Der Beauftragte der Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, der Frankfurter Kämmerer Uwe Becker (CDU), erklärte: „Die gezeigte Zivilcourage ist ein lobenswertes Beispiel, wie wir als Gesellschaft gemeinsam handeln müssen, wenn Jüdisches Leben in unserem Land bedroht wird.“ Die Reaktion der Offenbacher mache Mut. Gleichzeitig äußerte sich Becker besorgt. Die Tat zeige, dass Juden ihren Glauben in der Öffentlichkeit nicht ohne Sorge um die eigene Unversehrtheit offen zeigen können. Becker: „Dies ist 76 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz ein schlimmes Zeugnis über den Zustand unserer Gesellschaft in unserem Land wie insgesamt in Europa.“ Zur Offenbacher Jüdischen Gemeinde gehören rund 1.000 Mitglieder.