07.01.2021

Pakistan: Christ wegen Blasphemie über Social Media-Post nun doch angeklagt

Um einen gewaltbereiten Mob zu besänftigen, zeigt die Polizei Pastor an

AKREF/Tübingen, Lahore, W.D.C./ 07.01.2020 - International Christian Concern (ICC) hat erfahren, dass der 25-jähriger christlicher Leiter Pastor Raja Warris, der in Lahore in Polizeigewahrsam genommen worden war (wir berichteten), nun wegen Verstoßes gegen die Blasphemiegesetze des Landes angeklagt wurde. Ende Dezember hatte er angeblich einen islamkritischen Beitrag in den sozialen Medien veröffentlicht, konnte aber die Sache mit den betroffenen direkt am nächsten Tag klären. Als der Fall aber im Umfeld bekannt wurde gab es wie so oft in Pakistan eine  Mobbildung. Hunderte von christlichen Familien sahen sich zur Flucht aus ihren Häusern veranlasst  .

Am 26. Dezember versammelten sich dann Hunderte von Muslimen im Stadtteil Charar von Lahore, wo Pastor Warris wohnt, und drohten, den Pastor zu enthaupten und christliche Häuser in Brand zu setzen, wenn die Polizei nicht tätig werde. Hunderte von christlichen Familien flohen aus ihren Häusern, weil sie einen Ausbruch von Gewalt in Charar befürchteten. Die Situation wurde gefährlich, als jemand herausfand, dass die Muslime planten, die Häuser der Christen in Brand zu setzen. Das zwang die Christen praktisch aus der Nachbarschaft zu fliehen.

Hunderte von Anti-Aufruhr-Polizisten wurden nach Charar entsandt, um den Mob einzudämmen. Anführer der christlichen Gemeinde trafen sich auch mit der Polizei, um die Eskaliation zu stoppen.

"Am 26. Dezember wurden wir von unseren Gemeindemitgliedern in Charar darüber informiert, dass sich ein großer Mob auf Aufruf eines Geistlichen, der mit der extremistischen religiös-politischen Organisation Tehreek-e-Labbaik Pakistan [TLP] verbunden ist, in dem Ort versammelt hatte und die Enthauptung des Katecheten forderte", sagte Pfarrer Ayub Gujjar, stellvertretender Moderator der Raiwind-Diözese der Kirche von Pakistan, gegenüber Morning Star News. "Aus Angst vor Gewalt flohen Hunderte von christlichen Bewohnern aus ihren Häusern, während etwa 400 Anti-Riot-Polizisten in der Gegend eingesetzt wurden, um Gewalt zu vereiteln...Wir haben um Zeit für Verhandlungen mit den Protestführern gebeten, aber die Polizei sagte, sie könne die Sicherheit unserer Leute nicht garantieren, wenn der Angeklagte nicht zur Verhaftung vorgeführt würde", sagte Gujjar. "Wir stimmten widerwillig zu, Warris mitzunehmen, verlangten aber, dass er wegen der ernsthaften Bedrohung seines Lebens an einem nicht genannten Ort festgehalten wird."

Am 27. Dezember erhob nun die Polizei gegen Pastor Warris Anklage wegen Blasphemie gemäß Abschnitt 295-A und Abschnitt 298-A der pakistanischen Blasphemiegesetze. Kopien des First Information Report (FIR # 1122/20) wurden den Anführern des Mobs gezeigt, um die Situation zu deeskalieren.

Im Falle einer Verurteilung drohen Pastor Warris bis zu 10 Jahre Gefängnis wegen "vorsätzlicher und böswilliger Handlungen, die darauf abzielen, religiöse Gefühle zu verletzen".

In Pakistan sind falsche Anschuldigungen wegen Blasphemie weit verbreitet und oft durch persönliche Rachegelüste oder religiösen Hass motiviert. Anschuldigungen sind hochgradig aufrührerisch und haben das Potenzial, Lynchmorde, Selbstjustiz und Massenproteste auszulösen.

Seit Pakistan 1987 die Paragrafen 295-B und 295-C zu den Blasphemiegesetzen des Landes hinzugefügt hat, ist die Zahl der Blasphemievorwürfe sprunghaft angestiegen. Zwischen 1987 und 2017 wurden in Pakistan 1.534 Personen wegen Blasphemie angeklagt. Von diesen 1.534 wurden 829 Anschuldigungen (54 %) gegen religiöse Minderheiten erhoben. Da Christen nur 1,6 % der Gesamtbevölkerung Pakistans ausmachen, sind die 238 Anschuldigungen (15,5 %) gegen Christen höchst unverhältnismäßig.

Quellen:

https://morningstarnews.org/2021/01/christian-lay-leader-arrested-on-blasphemy-charges-in-pakistan/

www.persecution.org