12.02.2021

China: Verfolgung 2.0 – die überwachte Gemeinde

Untersuchung von Open Doors zeigt „das digitale Gesicht“ der Verfolgung

(Open Doors, Kelkheim) 12.02.2021 – Der Einsatz digitaler Überwachungstechnik nimmt in vielen Ländern Asiens rasant zu – insbesondere in China. Dadurch verändert sich auch die Art, wie Christen in der Ausübung ihres Glaubens eingeschränkt werden. Open Doors hat in einer Untersuchung Beispiele hierfür zusammengestellt und die Auswirkung auf verfolgte Christen erforscht.

Überwachung und Einschüchterung mit immer ausgefeilteren Mitteln

Eine Gruppe von Christen nutzt eine Videoplattform, um per Internet von zu Hause aus am Gottesdienst teilzunehmen. Tags darauf werden einige von ihnen in Handschellen abgeführt – so geschehen letztes Jahr Ostern in China. Der einzige Grund für ihre Verhaftung war, dass sie an einem Online-Gottesdienst teilnahmen.

„Das Auftreten von Verfolgung verändert sich von direkten physischen Angriffen hin zu heimtückischeren Online-Formen“, sagt Jan Vermeer, Open Doors-Kommunikationsdirektor für Asien. In den letzten Jahren habe sich eine andere Ebene der Verfolgung herausgebildet: die digitale Verfolgung, oder „Verfolgung 2.0“. „Schläge, Inhaftierungen und Mob-Attacken gibt es immer noch, aber inzwischen beobachten wir Online-Mobbing, -Diffamierung und -Überwachung in immer mehr asiatischen Ländern. Um einen Christen einzuschüchtern, griffen die Verfolger früher auf rohe Gewalt zurück. Doch heute stehen ihnen ausgefeiltere Mittel zur Überwachung und Einschüchterung religiöser Minderheiten zur Verfügung.“

Die Covid-19-Pandemie hat dem Ausbau staatlicher Überwachungstechnik einen deutlichen Schub versetzt. Doch schon zuvor waren die Herausforderungen für die Kirchen groß, wie Sonya* aus Zentralasien erläutert: „Oft erfährt die Polizei Zeit und Ort der geheimen Treffen durch Abhören. Sie führen Razzien durch und verhaften die Christen. Das passiert sehr oft. Das Abhören ist der Grund dafür, dass ein Pastor aus Zentralasien von den Sicherheitsdiensten vorgeladen wurde und ihm die Abschiebung aus seinem Land drohte. Ich kann aus Sicherheitsgründen weder die Namen noch die Länder nennen, aber das passiert sehr oft.“

Christen am „Online-Pranger“

Während staatliche Stellen die Christen durch Überwachung und die gezielte Blockade christlicher Inhalte unter Druck setzen, nutzen gesellschaftliche Akteure die sozialen Medien, um Druck auf Christen aufzubauen. Dazu zählen Falschinformationen, Anstachelung zu Gewalt und Hassrede gegen Christen, wobei Pastoren und kirchliche Leiter besonders häufig betroffen sind. Im Januar meldete die katholische Nachrichtenagentur UCAN aus China die Verbreitung von Gerüchten, wonach religiöse Aktivitäten von Christen für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich seien. Von einer anderen Erfahrung berichtet Caleb*, ebenfalls aus China: „Eines Morgens wachte ich auf und alle verließen Gemeinschaftsgruppen in den sozialen Medien. Ich fragte herum und erfuhr, dass es ein Gerücht gab, wonach die Regierung gegen die Mitglieder dieser Gruppen vorgehen würde, also gingen viele Leute vorsichtshalber. Aber danach passierte nichts mehr.“

Diese Begebenheit illustriert eine verbreitete Gefahr, die unter anderem der Autor Klaus Schwab mit den folgenden Worten auf den Punkt bringt: „Wer weiß, dass er unter Beobachtung steht, verhält sich konformer und gefügiger.“

„Wir haben einfach weitergemacht“

Pastor Huang aus Wuhan sagt, dass die Behörden auf dem Höhepunkt der Pandemie ausdrücklich jegliche Online-Treffen oder -Bibellehre verboten haben. „Aber sie haben das nicht wirklich durchgesetzt, und sie haben unsere Website nicht abgeschaltet, also haben wir einfach weitergemacht. Sie versuchten, uns in vielerlei Hinsicht einzuschränken […]. Sie sagten uns auch, wir sollten alle unsere Online-Gebetstreffen und -Gottesdienste einstellen, aber das konnten wir natürlich nicht tun.“

Auf dem Weltverfolgungsindex 2021 steht China an 17. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.

Quelle: Open Doors