15.07.2020

Israel: Annexion: Ist Israel im Recht?

Zwei evangelikale Theologen äußern sich in einem Pro und Kontra

Wetzlar (idea) – Die israelische Regierung erwägt, bis zu 30 Prozent des Westjordanlands zu annektieren. Das Gebiet wurde 1967 im Sechstagekrieg von Israel erobert und steht seitdem unter israelischer Militärverwaltung. Teile des Landes werden inzwischen von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet. Ist Israel im Recht? Darauf antworten zwei evangelikale Theologen in einem Pro und Kontra für die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar): Johannes Gerloff (Jerusalem) – auch Journalist und Buchautor – und der Missionswissenschaftler Prof. Johannes Reimer. Er ist Direktor für Öffentliches Engagement der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) sowie Direktor des Netzwerks für Frieden und Versöhnung.

Pro: „Es geht weder um Landraub noch um ethnische Säuberung“

Bei den „Annexionsplänen“ der israelischen Regierung gehe es weder um Landraub noch um ethnische Säuberung, erklärt Gerloff, der seit 1994 mit seiner Familie in Israel lebt. Der jüdische Staat plane lediglich, in den von ihm beherrschten Gebieten im Westjordanland das bisher geltende Militärrecht durch ziviles Recht zu ersetzen. Unter israelischer Herrschaft solle gleiches Recht für alle gelten. Aus Sicht der Bibel habe der jüdische Staat auch die Pflicht, alle Menschen nach gleichen Maßstäben zu beurteilen. Außerdem sei es ein Skandal, wie bisher „manche Schlaue – teils Israelis, teils Palästinenser – von rechtlichen Grauzonen profitieren“ könnten. Ob die Rechtsgleichheit in den von Israel besetzten Gebieten tatsächlich verwirklicht werde, bleibe aber abzuwarten. Bisher drücke sich Israel seit über 50 Jahren davor, „Verantwortung für diese Gebiete zu übernehmen“.

Kontra: Annexion würde Hoffnung auf ein Friedensabkommen beenden

Reimer erklärt dagegen, die WEA sei tief besorgt über die Pläne der israelischen Regierung, große Gebiete des Westjordanlandes zu annektieren. Die Allianz erkenne zwar das Selbstbestimmungsrecht jeder Nation an sowie das Recht, sich gegen drohenden Schaden zu verteidigen, aber die geplante Annexion wäre „ein einseitiger Schritt, der die Hoffnung auf ein ausgehandeltes Friedensabkommen zwischen der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde beenden“ würde. Deshalb bestehe kein Zweifel daran, dass die vorgeschlagenen Annexionspläne sowohl für Israelis als auch für Palästinenser schädlich seien. „Wir beten um Weisheit für alle Beteiligten und um ein erneutes Engagement für Verhandlungen, bei denen beide Seiten die Existenz und die Bedürfnisse beider Völker respektieren, von Diskriminierung und Gewalt Abstand nehmen und in gutem Glauben an Lösungen arbeiten, die dauerhaften Frieden bringen“, so Reimer.

Das gesamte Pro und Kontra finden Sie ab Seite XX. in der idea Zeitschrift