19.09.2020

Deutschland: Bundesverfassungsgericht betreibt „Verherrlichung des Suizids“

Spaemann: Urteil zur assistierten Selbsttötung verändert die Rechtsarchitektur

Berlin (idea) – Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Strafbarkeit eines assistierten Suizids verändert die Rechtsarchitektur in Deutschland. Es betreibt eine „Verherrlichung des Suizids“. Diese Ansicht vertrat der Facharzt für Psychiatrie Christian Spaemann (Schalchen bei Salzburg) bei einer Fachtagung des Bundesverbandes Lebensrecht am 18. September in Berlin. Zum Hintergrund: Der Deutsche Bundestag hatte 2015 die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe gestellt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese Regelung im Februar für verfassungswidrig. Begründung: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Der Bundestag muss nun erneut über eine gesetzliche Regelung beraten. Spaemann zufolge ist allen Psychiatern klar, dass man bei suizidgefährdeten Patienten keinen freien Willen zur Selbsttötung unterstellen kann. Ein Selbsttötungswunsch sei in den meisten Fällen kein Ausdruck freiverantwortlicher, wohlüberlegter Selbstbestimmung. Zudem könne der Staat nicht festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine autonome Entscheidung zu einer Selbsttötung gegeben sei. Spaemann: „Selbstbestimmtes Sterben als unmittelbarer Ausdruck der Menschenwürde ist eine Fiktion.“ Jetzt sei zu erwarten, dass eine „Kultur des Todes“ als neue Normalität in Krankenhäuser, Psychiatrien und Altenheime eindringe. Zudem sei damit zu rechnen, dass der für einen assistierten Suzid in Frage kommende Personenkreis auf nichteinwillungsfähige Menschen wie Behinderte, Demente und Säuglinge ausgeweitet werde. Der Bundesverband Lebensrecht ist ein 2001 gegründeter Zusammenschluss deutscher Lebensrechtsgruppen. Der Verein organisiert den jährlich stattfindenden „Marsch für das Leben“ in Berlin. Vorsitzende ist die Romanistin und Ägyptologin Alexandra Maria Linder (Weuspert/Sauerland).