18.01.2009
Usbekistan: Kinder und Eltern wegen Gottesdienstbesuch bedroht
AKREF/JJ - 18.1.2009 - Die Polizei im Südosten Usbekistans hat eine Kampagne gegen den Gottesdienstbesuch von Kindern begonnen. Die Behörden verwenden auch die staatlichen Massenmedien und attackieren Schulen und Eltern, die es Kindern erlauben, religiöse „Sekten“ oder auch Moscheen zu besuchen. Kinder von Baptisten und Zeugen Jehovas wurden vor die Polizei und Mahalla-Komitees (Mahalla = Stadtbezirk) geladen und befragt. Nach der offiziellen Version geht es bei den Kindern von Moslems nur darum, dass sie nicht während der Unterrichtszeit das Freitagsgebet besuchen, in Wirklichkeit wird jedoch in verschiedenen Schulen versucht, die Kinder auch außerhalb der Unterrichtszeit daran zu hindern, Moscheen zu besuchen.
Ein Menschenrechtsaktivist aus der Hauptstadt Taschkent, der nicht namentlich genannt werden möchte, erklärte gegenüber Forum 18, dass die Polizeibehörden in der Region Kashkadarya Eltern gedroht haben, sie würden ihre elterlichen Rechte verlieren, wenn sie nicht aufhören, ihre Kinder zu religiösen Versammlungen mitzunehmen. Er äußerte sich besorgt, dass in dieser Region auch Verwaltungs- und Strafverfahren gegen nicht registrierte christliche Gemeinden folgen würden.
Imam Abdulkadir aus Karshi sieht hingegen keine Probleme mit der Religionsfreiheit und meint, dass die Kinder nach der Schule ungehindert die Moschee besuchen können.
Der Rat der Baptistengemeinden berichtete am 3. Dezember, dass Polizeiinspektor Chilov aus Karshi viele Kinder, die Gottesdienste der Baptisten besuchen, zusammen mit ihren Eltern und Lehrern vorlud und warnte, die Kinder sollten weder religiöse Versammlungen besuchen, noch anderen über Gott erzählen. Die Baptisten beklagten auch, dass während ihrer Gottesdienste in Karshi häufig Razzien der örtlichen Behörden stattfinden, wobei Literatur konfisziert wird und Aufzeichnungen über die Versammlungen erstellt werden.
In einigen Fällen wurden Eltern aufgefordert, zu versprechen oder sich schriftlich zu verpflichten, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder keine religiösen Versammlungen mehr besuchen, was diese ablehnten.
Die Polizeiaktion folgte auf die Publikation eines Artikels mit dem Titel „Dem Fanatismus verfallen“ in einer Lokalzeitung. Darin werden sowohl moslemische Mädchen attackiert, die das traditionelle Kopftuch tragen, als auch insbesondere Schüler, die „zur Beute“ ausländischer religiöser Sekten geworden sind. Unter anderem heißt es: „Die illegal agierende christliche Sekte der Baptisten weitet ihre Aktivitäten aus“ und weiter: „Ihre Mitglieder wenden verschiedene Arbeitsmethoden mit den Schulkindern an, um sie in ihre ungesetzlichen Aktivitäten einzubinden“. Es wurden Schüler namentlich genannt, denen vorgeworfen wird, sie seien durch ihre Eltern oder Bekannte unter den Einfluss der illegalen religiösen Sekte geraten und propagierten sie an ihrem Wohnort und in der Schule. In dem Artikel werden die Mahalla-Komitees, Schulleitungen und die Imame aufgefordert, „ernsthaft daran zu arbeiten“ um solchen Entwicklungen entgegenzutreten. Der Autor fordert, die Beteiligung Jugendlicher an verschiedenen religiös extremistischen Bewegungen zu verbieten.
In Schulversammlungen wurden die in den Zeitungsartikeel namentlich genannten Kinder nach öffentlicher Verlesung des Artikels verspottet und als „Wahabis“ beschimpft. Der Wahabismus ist eine Form des sunnitischen Islam, doch dieses Wort wird in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, darunter auch in Usbekistan, oft als Schimpfwort für Religionsgemeinschaften verwendet, die den Behörden nicht genehm sind.
Quelle: Forum 18 News Service, Oslo
Übersetzung: AK Religionsfreiheit der österreichischen evangelischen Allianz