27.11.2010

Usbekistan - Strafen für religiöse Betätigung,

Änderung der Lage durch neues Verwaltungsgesetzbuch wird bezweifelt

Usbekistan - Strafen für religiöse Betätigung,

Änderung der Lage durch neues Verwaltungsgesetzbuch wird bezweifelt

 

Nach einer Razzia in der seit 1998 registrierten presbyterianischen Kirche von Chirchik in der Nähe der Hauptstadt Taschkent am 21. Oktober wurde der stellvertretende Pastor Vladimir Kim mit einer Geldstrafe von 80 monatlichen Mindestgehältern belegt, während die Pastorin Roza Khen eine Strafe in Höhe von 40 monatlichen Mindestgehältern erhielt. Die Strafen wurden nach Artikel 201 des Verwaltungsstrafgesetzes verhängt („Verletzung des Verfahrens zur Abhaltung von religiösen Versammlungen, Straßenprozessionen oder sonstigen religiösen Zeremonien“). Bereits während der Razzia hatte die Polizei behauptet, der Gottesdienst sei illegal, da die Gemeinschaft die Behörden nicht im voraus verständigt hätte. Die Argumente der Gemeindeglieder, dass die Kirche seit 12 Jahren registriert ist, sich regelmäßig zum Gottesdienst versammelt, und die Behörden nicht jedes Mal extra informiert werden müssen, wurden ignoriert. Die Polizei durchsuchte alle Räume, beschlagnahmte einen Computer und brachte Pastorin Roza Khen und ihren Sohn Vladimir Kim (der als ihr Stellvertreter tätig ist) zur Polizeistation. Einige Stunden danach wurden sie zum örtlichen Gericht gebracht, das die hohen Strafen verhängte.

Diese Razzia in Chirchik, gefolgt von der Verhängung hoher Geldstrafen, fand nur 11 Tage nach der Auflösung des Erntedankfestes der Gemeinde des vollen Evangeliums am selben Ort statt. Auch in diesem Fall wurde gegen den Pastor Leonty Fonov eine Geldstrafe verhängt. Der Pastor nahm die Strafe an, da der Richter zugab, dass er keine andere Wahl hatte, als ihn zu bestrafen, da ihm das befohlen worden war.

Am 12. November kündigte Präsident Karimov die Schaffung eines neuen Verwaltungsgesetzbuchs an. Er erklärte, dass eine systematische Neufassung des über 60 Mal abgeänderten Gesetzestexts im Zuge der von ihm so genannten „Liberalisierung des Rechtssystems“ notwendig wäre.

Da bisher bei jeder Abänderung des alten Verwaltungsgesetzbuchs die Strafen für unerwünschte religiöse Aktivitäten erhöht oder neue Strafen eingeführt wurden, haben Gläubige in Usbekistan nur wenig Hoffnung, dass das neue Verwaltungsgesetzbuch eine Besserung bringt. Ohne konkrete Reformen der Gerichtsbarkeit und des Polizeiapparats sind kaum Verbesserungen zu erwarten. Mangels einer Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit führen die Richter nach Auffassung des usbekischen Menschenrechtsaktivisten Surat Ikramov lediglich die ihnen erteilten Weisungen aus, und zwar sowohl in Verwaltungs- als auch in Strafverfahren.

„Grobe Behandlung, Brutalität und das Erfinden von Anklagen in Strafverfahren seitens des Innenministeriums, des Nationalen Sicherheitsdienstes und der Staatsanwaltschaft werden weitergehen und es wird keine Verbesserung im Bereich der Gewissensfreiheit geben“ - mit diesen Worten äußerte Ilkramov seine Befürchtungen gegenüber Forum 18.

Dennoch gibt es einige positive Entwicklungen. In einigen Fällen gelang es Gläubigen, die Aufhebung der von Verwaltungsgerichten verhängten Strafen zu erwirken. So hob Richter A. Tohirov vom Strafgericht Chirchik eine von einem niedrigeren Gericht gegen den Pastor der örtlichen Pfingstgemeinde Stanislav Kim verhängte Geldstrafe auf.

Protestanten aus Chirchik berichten weiters, dass nach mehr als 100 Beschwerden von Christen gegen das Vorgehen des Polizeibeamten Husniddin Yuldashev der Chef der Stadtpolizei am 26. Oktober dessen Degradierung wegen „unverantwortlicher, kalter, unqualifizierter, mangelhafter und unzeitgemäßer Ausführung seiner Dienstpflichten“ verfügte.

 Quelle: Forum 18 News Service, Oslo

Deutsche Fassung: AK Religionsfreiheit der Österreichischen Evangelischen Allianz