02.01.2011
Ägypten: Wut und Trauer nach Anschlag auf Christen
Alexandria (idea) – Wut und Trauer machen sich unter ägyptischen Christen nach einem Anschlag auf eine koptisch-orthodoxe Kirche in der Neujahrsnacht breit. Die 21 Todesopfer wurden inzwischen unter starker Anteilnahme der christlichen Bevölkerung beigesetzt.
Weltweit hat das Selbstmordattentat Empörung hervorgerufen. Politiker und Kirchenleiter verurteilten die Gewalttat und riefen zum Schutz der Religionsfreiheit auf. In der nordägyptischen Hafenstadt Alexandria war am 1. Januar eine halbe Stunde nach Mitternacht eine Autobombe vor der koptischen Markus- und Petrus-Kirche explodiert, als etwa 1.000 Besucher einen Gottesdienst verließen. 21 Personen wurden getötet und über 40 verletzt. Danach entlud sich die Wut der Betroffenen in Attacken gegen die Sicherheitskräfte, die die Kirchen schützen sollen. Hunderte Demonstranten warfen Steine gegen Polizisten, die mit Tränengas und Gummigeschossen reagierten. Die Toten wurden am selben Tag im Kloster Marmina in einem Vorort von Alexandria beigesetzt. Der koptische Patriarch Schenuda III. leitete das Begräbnis in Anwesenheit von rund 5.000 Trauernden. Zu dem Selbstmordattentat hat sich bisher niemand bekannt.
Immer wieder Gewalt gegen Christen
Der Bürgermeister der 4,3 Millionen Einwohner zählenden Stadt Alexandria, Adel Labib, teilte mit, dass es Anschlagsdrohungen gegen Kirchen gegeben habe. In Ägypten kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen extremistischen Muslimen und der christlichen Minderheit. Vor knapp einem Jahr waren im oberägyptischen Nag Hammadi am orthodoxen Weihnachtsfest, dem 6. Januar, acht Kopten und ein muslimischer Wachmann erschossen worden. 2006 prallten in Alexandria mehrere Tage lang Kopten und Muslime aufeinander, nachdem ein Christ erstochen worden war. Von den rund 83 Millionen Einwohnern Ägyptens sind 87 Prozent Muslime und 10 Prozent orthodoxe Kopten. Außerdem gibt es kleinere Gruppen von Katholiken und Protestanten. Die koptisch-orthodoxe Kirche entstand im ersten Jahrhundert und ist damit eine der ältesten der Welt.
Mubarak vermutet Drahtzieher im Ausland
Politiker und Kirchenführerin aller Welt haben den jüngsten Anschlag verurteilt. Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak vermutet, dass die Drahtzieher aus dem Ausland kommen. Man werde aber nicht zulassen, dass das traditionell friedliche Zusammenleben von Muslimen und Christen gestört werde. US-Präsident Barack Obama und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton brachten ihre Abscheu über die Bluttat zum Ausdruck. Das Recht der Christen auf freie Glaubensausübung müsse geschützt werden. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle betonte, man müsse entschlossen gegen Terrorismus und religiöse Intoleranz vorgehen.
EKD-Ratsvorsitzender: Kein Jahr der Christenverfolgung
Auch Papst Benedikt XVI. rief zum Eintreten für religiösen Frieden auf. Christen sollten sich angesichts der Gewalt nicht im Glauben entmutigen lassen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), und der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), verurteilten ebenfalls den Anschlag in Ägypten. Schneider sagte laut Presseberichten, 2011 dürfe kein Jahr der Christenverfolgung werden.