03.01.2011
Deutschland: Koptische Christen feiern unter Polizeischutz
Die Kopten in Deutschland gehen besorgt in ihr Weihnachtsfest. Im Internet kursieren Anschlagsdrohungen, die Polizei fürchtet neue Gewaltakte.
Der Anschlag auf koptische Christen vom Neujahrstag in Alexandria weckt auch in Deutschland Ängste vor Übergriffen. Gemeinden und Sicherheitsbehörden fürchten um die anstehenden Weihnachtsfeiern am 6. und 7. Januar herum neue Gewaltakte. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, steht die Gemeinde in Frankfurt während ihres Weihnachtsfestes und der Trauerfeier für 21 getötete Kopten unter Polizeischutz.
Im Internet gibt es nach Angaben des Bundeskriminalamtes eine allgemeine Anschlagsdrohung gegen die koptische Kirche. Als mögliches Ziel wird die Frankfurter Sankt-Markus-Gemeinde genannt. Bischof Anba Damian berichtete von mehreren Warnungen im Internet.
Nach dem verheerenden Anschlag auf Kopten im ägyptischen Alexandria wurde bekannt, dass auch Gemeinden in Deutschland vor Attentaten gewarnt wurden.
Die koptische Gemeinde in München sagte einen Empfang aus Angst vor einem Anschlag ab, wie der Tagesspiegel berichtete. Bei dem Treffen sollte der 21 Kopten gedacht werden, die in der Silvesternacht in Kairo getötet worden waren.
In Alexandria waren in der Neujahrsnacht 21 Menschen gestorben, als ein Selbstmordattentäter sich vor der christlichen Kirche in die Luft sprengte.
In Deutschland leben etwa 6000 koptische Christen. Koptische Gemeinden gibt es zum Beispiel in Frankfurt, München, Bitburg und Hannover.
Auch in Frankreich sind die Sicherheitsbehörden in Sorge. Eine Anti-Terror-Einheit nahm Ermittlungen wegen Drohungen gegen koptische Kirchen im Land auf, zudem wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. "Die Bedrohung ist sehr ernst zu nehmen", sagte ein hoher Pariser Polizeivertreter. In Frankreich leben schätzungsweise 45.000 Kopten.
Auch Österreichs Kopten stehen seit einigen Tagen unter besonderem Schutz. Das österreichische Innenministerium berichtete von einer sogenannten Todesliste mit insgesamt 150 Namen von Kopten aus verschiedenen Ländern, die bereits vor dem Anschlag auf einer Internetseite der Terrororganisation Islamischer Staat Irak veröffentlicht worden sei. Die Organisation wird in Verbindung mit al-Qaida gebracht.
In Ägypten wurden weitere Ermittlungsergebnisse bekannt. Nach Augenzeugenberichten handelte es sich bei dem Attentäter um einen etwa 40 Jahre alten Mann. Er habe gegenüber der Kirche zusammen mit zwei anderen Männern in einem Auto gesessen. Aus dem Innenministerium hieß es, der Täter habe zunächst versucht, in die Kirche zu gelangen. Nachdem er die vor dem Gotteshaus postierten Polizisten sah, habe er seine Bombe jedoch davor gezündet.
Unklar ist noch, ob es eine Verbindung zu einer ähnlichen Tat in einer Kirche im Bagdad vom 31. Oktober 2010 gibt. Die damaligen Attentäter, die dem irakischen Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida zugerechnet werden, hatten erklärt, sie wollten "muslimische Schwestern" rächen, die von der koptischen Kirche in Ägypten "gefangen gehalten" würden.
Weltweit herrscht noch immer Entsetzen. Der ranghöchste islamische Religionsgelehrte von Saudi-Arabien bezeichnete die Tat von Alexandria als Verbrechen, das nichts mit dem Islam zu tun habe. Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich sagte: "Der Islam ist nicht die Religion der Explosionen, und er erlaubt es auch nicht, die Gebetsräume von Nicht-Muslimen anzugreifen." Der Mufti von Syrien, Scheich Ahmed Badr al-Din Hassun, sagte: "Wer diesen Anschlag verübt hat, der kennt keine Religion und keinen Gott." Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, solche Attentate künftig zu verhindern.
Zeit-online