15.01.2011
Tadschikistan: Zensur
Die Religionsgemeinschaften werden gezwungen, für die Menschenrechtsverletzungen des Staates auch noch zu bezahlen
Tadschikistan: Zensur
Die Religionsgemeinschaften werden gezwungen, für die Menschenrechtsverletzungen des Staates auch noch zu bezahlen
Der tadschikische Staat verrechnet den Religionsgemeinschaften hohe Preise für die Zensur ihrer Literatur, die an sich eine Verletzung international anerkannter Rechte auf Meinungs- und Religionsfreiheit darstellt. Ein Imam einer offiziell registrierten Moschee, der aus Furcht vor staatlichen Repressalien nicht namentlich genannt werden möchte, erklärte gegenüber Forum 18, dass er optimistisch ist, die Erlaubnis des Komitees für Religiöse Angelegenheiten zum Druck von Büchern zu erhalten. Er zeigte sich jedoch überrascht, dass für die Zensur der Bücher eine Gebühr zu bezahlen ist und meinte: „Wir können es uns nicht leisten, diese Gebühren zu bezahlen, um Bücher zu drucken. Wir verdienen nicht viel.“ Die Hare Krischna Gemeinschaft musste feststellen, dass selbst ihr wichtigstes heiliges Buch, die Bhagavadgita, zensuriert werden muss. Offiziell heißt diese kostenpflichtige Zensur „Expertenanalyse“, wobei unklar ist, welche Experten bzw. welche Fachkenntnisse dem Komitee für Religiöse Angelegenheiten für diesen Zweck zur Verfügung stehen.
Nach dem Religionsgesetz dürfen nur staatlich registrierte Religionsgemeinschaften religiöse Literatur oder Gegenstände importieren, exportieren, herstellen, verkaufen und verbreiten und sie dürfen dies nur, wenn sie für jeden einzelnen Titel bzw. jeden einzelnen Gegenstand über eine gesonderte Erlaubnis des Komitees für Religiöse Angelegenheiten verfügen. Für jede Verletzung des Zensurregimes werden hohe Geldstrafen angedroht. Die Offiziellen haben immer wieder betont, dass sie beabsichtigen, jede Betätigung nicht registrierter Religionsgemeinschaften ausnahmslos abzustellen und die registrierten Gemeinschaften zusätzlichen rechtlichen Kontrollen zu unterwerfen. Derzeit scheinen die Behörden jedoch keine Anstalten zu machen, die Aktivitäten nicht registrierter Gemeinschaften abzustellen, abgesehen von jenen der Zeugen Jehovas, die in Tadschikistan verboten sind, und von Moslems, die der Islamischen Erweckungspartei nahe stehen.
Diese Zensur stellt eine eindeutige Verletzung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Tadschikistans dar. So betont unter anderem das Wiener Abschlussdokument der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von 1989 das Recht von Gläubigen, heilige Bücher, religiöse Publikationen und sonstige Gegenstände für die Ausübung ihrer Religion oder Überzeugung zu erwerben, zu besitzen und zu benutzen. Weiters werden in dem OSZE Dokument die Staaten verpflichtet, den Religionsgemeinschaften und religiösen Organisationen zu gestatten, religiöse Publikationen herzustellen, zu importieren und zu verbreiten. Die Signatarstaaten (darunter auch die Sowjetunion, wobei Tadschikistan einer ihrer Nachfolgestaaten ist) haben diese Rechte im Wiener Abschlussdokument ausdrücklich anerkannt.
Quelle: Forum 18 News Service, Oslo, Deutsche Fassung: AK Religionsfreiheit der Österreichischen Evangelischen Allianz