17.03.2011

Ägypten:„Die Revolution und die Situation der Christen“

Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Bamberg, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz

Ägypten:„Die Revolution und die Situation der Christen“

Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Bamberg, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz

 

PADRRBORN, 17. März 2011 (ZENIT.org/dbk.de).-"Seine Seligkeit Patriarch Naguib stellt immer wieder heraus, dass die Kopten Teil der ägyptischen Gesellschaft sind, sogar zu den ältesten Einwohnern Ägyptens gehören", betonte Bschof Schick gestern Paderborn. "Er stellt auch immer wieder heraus, dass ein friedliches Miteinander von Christen und Muslimen möglich sei. Erst am 25. Februar hat er in Rom bei einem Treffen der Gemeinschaft Sant'Egidio in einem Interview gesagt, dass die feindlichen Angriffe auf Christen in seinem Land nicht von den Muslimen generell ausgingen. Während der Straßenkämpfe hätten Christen und Muslime sogar zusammen ihre Häuser verteidigt".

Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Bamberg, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz Statement beim Pressegespräch „Die Revolution in Ägypten und die Situation der Christen“ am 16. März 2011Verehrter Herr Patriarch, sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, dass Sie unsere Einladung zu einem Pressegespräch mit Kardinal Naguib, dem Patriarchen von Alexandrien der koptisch-katholischen Kirche, angenommen haben. Die Veranstaltung wurde kurzfristig anberaumt, um uns Gelegenheit zu geben, aus erster Hand Informationen zur Lage der Menschen in Ägypten und insbesondere auch der dort lebenden Christen zu erhalten.Im Vorfeld dieses Pressegesprächs hatten die Bischöfe heute bereits die Möglichkeit zum eingehenden Austausch mit dem Patriarchen. Zentrales Thema war dabei die Frage nach der Stellung der Christen im zukünftigen Ägypten nach der jahrzehntelangen Präsidentschaft von Hosni Mubarak. Die deutschen Bischöfe wollen teilnehmen an Freud und Leid, Hoffnungen und Ängsten ihrer Schwesterkirchen weltweit. Deshalb möchten wir uns kundig machen und auf das hören, was uns die Kirche in Ägypten über ihre Situation zu sagen hat. Wir werden selbstverständlich auch konkrete solidarische Unterstützung leisten, soweit das möglich und nötig ist, vor allem durch unsere Werke Misereor und Missio.Das Interesse der Deutschen Bischofskonferenz und auch unsere Solidarität sind nicht von den derzeitigen Ereignissen abhängig; aber diese verstärken unsere Aufmerksamkeit. Mitverantwortung zu übernehmen für Christen überall auf der Welt, die unter schwierigen Bedingungen ihren Glauben leben müssen, ist eine andauernde Aufgabe für unsere Kirche in Deutschland. Von diesem Engagement zeugt die jährliche Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen“, die die Bischöfe bereits im Jahre 2003 auf den Weg gebracht haben. Mit dieser Initiative sollen die Gläubigen und die ganze Bevölkerung unseres Landes besser über die immer bestehende und – leider Gottes - sich derzeit mancherorts ausweitende Benachteiligung und Verfolgung von Christen in verschiedenen Teilen der Welt informiert werden. Bereits im Jahr 2007 ist eine Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz entstanden, die sich speziell mit der Lage der Christen im Nahen Osten befasst und ausführlich auf die schwierige Situation der Kirche in Ägypten eingeht. Vor den politischen Umbrüchen in Ägypten haben wir Anfang des Jahres erschütternde Berichte erhalten. Es kam zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Christen und zu Todesfällen. Dies begann, als Weihnachten in Alexandria eine koptische Kirche brannte. Das Entsetzen über diese sich plötzlich entladende Gewalt gegen Christen war so groß, dass mit einem Mal Ägypten im Mittelpunkt des Interesses der Weltöffentlichkeit stand. Papst Benedikt XVI. wandte sich damals an Präsident Mubarak mit der klar formulierten Bitte, die in Ägypten lebenden Christen besser zu schützen – und erzeugte damit eine diplomatische Krise, die beigelegt werden konnte. Aber auch nach der Revolution scheint sich die Grundspannung zwischen Kopten und bestimmten Gruppen in der muslimischen Bevölkerung nicht gelegt zu haben. Im Gegenteil: Wir hören und sehen in den Medien von regelmäßigen Demonstrationen von Christen und Gegendemonstrationen von Muslimen, bei denen es zu gewalttätigen Zusammenstößen kommt.Gleichwohl gilt es auch zu bedenken, dass sich im nordafrikanischen Kontext derzeit nur die Kirche in Ägypten in einer so ernsten Situation befindet. Aus den Ländern des Maghreb – aus Tunesien, Algerien und Marokko - liegen uns keine Hinweise für ein Anwachsen der Gewalt gegen Christen oder eine zunehmende Diskriminierung im Zuge der politischen Umwälzungen vor. Andererseits zeichnet sich auch noch nicht ab, wie sich die hoffentlich demokratische Entwicklung auf die Lage der Christen auswirken wird.Die Situation der Kirche in Ägypten ist schon aufgrund des rein zahlenmäßigen Anteils der Christen an der Gesamtbevölkerung mit der Lage in den anderen Staaten nicht zu vergleichen. Stellen die Christen in Nordafrika in der Regel nur einen verschwindend geringen Prozentsatz der Bevölkerung, so machen sie in Ägypten ca. 15 Prozent aus. Das sind ungefähr 10 Millionen Menschen. Die Christen in Ägypten sind somit keine Minderheit. Zudem sind die meisten koptischen Christen einheimische Ägypter, während es sich bei den Christen in den anderen nordafrikanischen Ländern vorwiegend um Ausländer handelt.Seine Seligkeit Patriarch Naguib stellt immer wieder heraus, dass die Kopten Teil der ägyptischen Gesellschaft sind, sogar zu den ältesten Einwohnern Ägyptens gehören. Er stellt auch immer wieder heraus, dass ein friedliches Miteinander von Christen und Muslimen möglich sei. Erst am 25. Februar hat er in Rom bei einem Treffen der Gemeinschaft Sant’Egidio in einem Interview gesagt, dass die feindlichen Angriffe auf Christen in seinem Land nicht von den Muslimen generell ausgingen. Während der Straßenkämpfe hätten Christen und Muslime sogar zusammen ihre Häuser verteidigt.Wir als deutsche Kirche wünschen, dass das friedliche Miteinander aller Gruppen und Religionen in Ägypten wiederhergestellt wird. Eine befriedete Bevölkerung möge dann ein demokratisches, gerechtes und friedvolles Ägypten aufbauen. Es freut mich, dass Kardinal Naguib uns jetzt auf der Grundlage seiner persönlichen Erfahrung einen Bericht zur aktuellen Situation der Christen in Ägypten und zur Entwicklung der politischen Lage in seinem Land geben wird.