11.02.2012

Ägypten: Ein Jahr nach Mubarak

Ägyptische Christen geben Hoffnung nicht auf

Ägypten: Ein Jahr nach Mubarak

Ägyptische Christen geben Hoffnung nicht auf

 

Evangelikale Tagung: Arabischer Frühling wird nicht zu Arabischem Winter

Kairo/Washington (idea) – In Ägypten hat vor einem Jahr eine neue Ära begonnen. Am 11. Februar 2011 beugte sich der seit 30 Jahren herrschende Präsident Hosni Mubarak dem Volksaufstand und trat zurück. Doch inzwischen sind viele Ägypter enttäuscht: Ihre Sehnsucht nach einer demokratischen, gerechten und sozialen Gesellschaft hat sich noch nicht erfüllt. Besonders die christliche Minderheit ist verunsichert: Viele fragen sich, ob sie im Land bleiben wollen, wenn islamische Extremisten die Macht übernehmen sollten. Bei einer Studientagung der Weltweiten Evangelischen Allianz, die vom 7. bis 8. Februar in Washington stattfand, brachten Vertreter der ägyptischen Evangelikalen ihre bleibende Hoffnung auf eine bessere Zukunft zum Ausdruck. Trotz der weiter bestehenden Gefahr gewalttätiger Übergriffe durch muslimische Extremisten gebe es auch positive Entwicklungen: So habe man mehr Meinungsfreiheit; auch gebe es einen wachsenden Dialog zwischen Protestanten, Koptisch-Orthodoxen und gemäßigten Muslimen. Realistischerweise müsse man aber auch einräumen, dass viele Christen wohl sofort ihre Sachen packen würden, wenn sie ein Visum hätten, sagte der Leiter der Ägyptischen Bibelgesellschaft, Ramez Atallah (Kairo). Gleichwohl sei er der Meinung, dass Christen ihr Land nicht verlassen sollten, weil es Gott für sie bestimmt habe.

Freiheit ist kein Geschenk

Der Direktor der koptisch-evangelikalen Sozialdienste CEOSS, Andrea Zaki (Kairo), widersprach der Ansicht, dass der Arabische Frühling zu einem Arabischen Winter geworden sei. Freiheit sei niemals ein Geschenk, sondern müsse hart erarbeitet werden. Demokraten müssten auch den Ausgang von Parlamentswahlen hinnehmen, wenn ihnen das Ergebnis nicht gefalle. Bei den ersten demokratischen Wahlen hatten die als gemäßigt geltenden Muslim-Bruderschaften 45,7 Prozent der Stimmen erhalten; die radikal-islamischen Parteien kamen auf 24,6 Prozent. Liberale Parteien schnitten schlechter ab: Die Wafd-Partei erhielt 8,4 Prozent, die Ägyptische Allianz 6,6 Prozent. Insgesamt sind 15 Parteien im Parlament vertreten. Zehn Abgeordnete gehören der christlichen Minderheit an. Wie Zaki betonte, sei Demokratie mehr als eine Frage von Mehrheiten; es gehe auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Am wichtigsten für Christen sei jetzt, die Religionsfreiheit zu sichern. Davon hänge die Möglichkeit ab, den biblischen Missionsauftrag zu erfüllen.

Religionsfreiheit in Verfassungen sichern

Ähnlich äußerten sich der Vorsitzende der US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit, Leonard Leo, und seine Stellvertreterin Elizabeth H. Prodromou (beide Washington). In der Publikation „The Hill“ schreiben sie, nichts sei in Ägypten und den übrigen Ländern des Arabischen Frühlings wichtiger, als die Religionsfreiheit in den neuen Verfassungen festzuschreiben. Wo Meinungs- und Glaubensfreiheit herrsche, seien auch andere Bürgerrechte besser geschützt. Leo und Prodromou unterstreichen, dass zur Religionsfreiheit das Recht gehöre, den eigenen Glauben frei wählen oder wechseln sowie bekennen und für ihn werben zu dürfen. Von den 83 Millionen Einwohnern Ägyptens sind etwa zehn Prozent Christen, meist orthodoxe Kopten.