12.01.2012

Deutschland: Humanisten kritisieren Bibelbotschaften in S-Bahnen

Autor sieht einen „Vormarsch freikirchlicher Fundamentalisten“

Deutschland: Humanisten kritisieren Bibelbotschaften in S-Bahnen

Autor sieht einen „Vormarsch freikirchlicher Fundamentalisten“

 

Berlin/Stuttgart (idea) – Kritik an Plakaten mit biblischen Botschaften in Stuttgarter S-Bahnen übt der Humanistische Pressedienst (Berlin). Dessen Herausgeber ist der Politologe und bekennende Atheist Carsten Frerk. Autor Thomas Häntsch stört sich daran, dass an den Scheiben einiger Wagen der sechs S-Bahn-Linien 50 mal 15 Quadratzentimeter große Transparente mit Bibelsprüchen wie „Wer meine Worte hört und danach tut, der ist klug“ und „Bekehre Dich zu Deinem Gott!“ hängen. Die Spruchbänder stammen von der Süddeutschen Plakatmission. Die evangelikalen Plakatbotschaften behinderten die Aussicht aus den Fenstern der S-Bahnen, beklagt Häntsch. Ein religiöser Verein dürfe „ungeniert in öffentlichen Verkehrsmitteln missionieren“. Häntsch zufolge zeigt dies auch den „Vormarsch fundamentalistischer Freikirchen“. Bei seinen Nachforschungen fand er heraus, dass die im ostwürttembergischen Gerstetten ansässige Plakatmission zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Plakatmissionen gehört, die ein „Faden im Netzwerk derEvangelischen Allianz in Deutschland“ sei. Die Allianz wiederum sei eine von rund 2.000 auf der Lobbyliste des Bundestags eingetragenen Organisationen. Ihr Politik-Beauftragter, Wolfgang Baake (Wetzlar), lehre Medienethik an der Hochschule Mittweida (Sachsen). Dies beweise, dass es in Deutschland eine Verflechtung von Politik, Bildung und Religion gebe. Hinter der Werbung in den Stuttgarter S-Bahnen stehe „kein kleiner Verein, sondern eine global agierende Organisation mit Ästen bis hinein in die deutsche Politik“, so Häntsch mit Hinweis auf die Weltweite Evangelische Allianz. Nach seiner Ansicht sollte das die Gesellschaft nicht kritiklos ertragen. Anfragen an die Deutsche Bahn seien bisher unbeantwortet geblieben.

Oberkirchenrat beteiligt sich an den Kosten

Auskunft erteilt hingegen der Vorsitzende der Süddeutschen Plakatmission, Wolfgang Veil (Gerstetten/Ostalb). Der 1972 gegründete Verein bestehe aus Mitgliedern der württembergischen Landeskirche, die mit Plakaten auf Jesus Christus hinweisen und Menschen in ihrem Glauben stärken wollen, sagte Veil gegenüber idea. Spenden kämen sowohl landeskirchlichen als freikirchlichen Christen. In den S-Bahnen würden Plakate seit rund 20 Jahren angebracht. Dazu habe man einen Vertrag mit der Werbegesellschaft der Deutschen Bahn abgeschlossen. Ein Teil der Kosten trage der württembergische Oberkirchenrat. Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), bestätigte gegenüber idea, dass die Plakatmission zum Netzwerk der Allianz gehört. Angesichts der Unterstützung durch den Oberkirchenrat sei ihre Etikettierung als freikirchliche Fundamentalisten allerdings nicht nachvollziehbar. Auch hinter der Allianz stünden keine freikirchlichen Fundamentalisten. Ihr Vorsitzender, Präses Michael Diener (Kassel), sei bis vor zwei Jahren Dekan der Pfälzer Landeskirche gewesen. Steeb riet den Humanisten, sich besser zu informieren, ehe sie „völlig abwegige Behauptungen“ verbreiteten.