14.04.2015

Deutschland: Glocken läuten zum Gedenken an Völkermord

Kirchenpräsident und Bischof: Türkei soll Genozid an Armenier aufarbeiten

Deutschland: Glocken läuten zum Gedenken an Völkermord

Kirchenpräsident und Bischof: Türkei soll Genozid an Armenier aufarbeiten

Darmstadt/Kassel (idea) – Am 100. Jahrestag des Beginns des Völkermords an den Armeniern am 24. April sollten um 17 Uhr in ganz Hessen und in Teilen von Rheinland-Pfalz die Glocken läuten und Gedenkgottesdienste stattfinden. Dazu haben der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung (Darmstadt), und der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein (Kassel), in einer gemeinsamen Erklärung am 14. April die rund 2.000 Kirchengemeinden aufgerufen. Zwischen 1915 und 1919 wurden auf dem Gebiet der heutigen Türkei über eine Million christliche Armenier und fast eine halbe Million aramäische, chaldäische und griechisch-orthodoxe Christen bei Massakern, Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen getötet. Ziel war es nach einem Erlass des damaligen osmanischen Innenministers Talaat Pascha, „alle Armenier, die in der Türkei wohnen, gänzlich auszurotten“.

Kritik an der türkischen Verfassung

Jung und Hein kritisieren den Umgang der türkischen Regierung mit dem Völkermord. Bislang sei eine „offene Diskussion gemäß der türkischen Verfassung verboten“. Das Land habe zwar erste Schritte hin zu einer Aussöhnung mit dem Staat Armenien unternommen, es fehle aber eine wissenschaftliche Erforschung. Nach Überzeugung von Hein und Jung könnte eine Anerkennung des Völkermords an den Armeniern auch den innertürkischen Demokratisierungsprozess sowie die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit fördern.

Kein EU-Beitritt der Türkei ohne Anerkennung des Völkermords

Die beiden Kirchenleiter erinnern daran, dass auch Deutschland für den Völkermord eine Mitverantwortung trage, „weil es als Bündnispartner des Osmanischen Reiches während des Ersten Weltkrieges wissentlich die Ermordung und Vertreibung armenischer Christen in Kauf genommen hat“. Bereits 2005 hatte sich der Deutsche Bundestag zu dieser Mitschuld bekannt. Deshalb sollte die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen mit der Türkei die Anerkennung des Völkermordes zur Bedingung für einen EU-Beitritt machen, so die Kirchenleiter. In der Türkei sind 95 Prozent der 75 Millionen Einwohner Muslime. Die Zahl der Christen liegt bei 120.000. Die meisten sind orthodox, etwa 15.000 römisch-katholisch, rund 4.000 evangelisch.