18.11.2015
Deutschland: Kongress „Christenverfolgung heute“
Berichte vom 18.11.2015
Vietnam: Zahl der Christen steigt trotz staatlichen Drucks
Schwäbisch Gmünd (idea) – Trotz staatlichen Drucks wächst im kommunistisch regierten Vietnam die Zahl der Christen. Das berichtete der Leiter des christlichen Hilfswerks Open Doors Deutschland, Markus Rode (Kelkheim bei Frankfurt), beim Kongress „Christenverfolgung heute“ in Schwäbisch Gmünd. Nach seinen Angaben gehören inzwischen zehn Prozent der rund 90 Millionen Einwohner dem Christentum an. Aufgrund der Zunahme verstärkten die staatlichen Behörden in dem südostasiatischen Land den Druck auf die Gemeinden. Viele lehnten es ab, sich registrieren zu lassen und arbeiteten im Untergrund, da sie Gott mehr gehorchen wollen als einer kommunistischen Regierung. Rode zufolge haben allein durch die Arbeit der „Galiäa Bibelschule“ in den vergangenen Jahren 35.000 Vietnamesen zum christlichen Glauben gefunden. Sie wurde von einem Einheimischen gegründet, der sich in einer schweren Lebenskrise umbringen wollte. Unmittelbar bevor er sein Vorhaben umsetzen konnte, erhielt von einem Pastor ein Neues Testament und wurde Christ. Laut Rode ist es auch im zentralen Hochland im Volk der Montagnards zu geistlichen Aufbrüchen gekommen. Diese Minderheit werde verfolgt, weil sie an der Seite der USA gegen die Kommunisten im Vietnamkrieg kämpfte. Viele Montagnards hätten zum christlichen Glauben durch Radios gefunden, die die kommunistische Partei verteilt hatte, um das Bergvolk durch einen einzigen voreingestellten Sender umzuerziehen. Eine christliche Radiostation konnte aber aufgrund einer besseren Sendeleistung das Programm verdrängen, und ihre Sendungen führten dazu, dass Zehntausende Christen wurden, so Rode. Er rief die Kongressteilnehmer dazu auf, für die vietnamesischen Christen zu beten, damit sie den zunehmenden staatlichen Repressalien standhalten können.
Arabische Christen im Mittleren Osten sollen sich zusammenschließen
Auf dem Kongress ermunterte der Sozialwissenschaftler Prinz Gharios von Ghassan (Los Angeles/USA) arabische Christen im Mittleren Osten, sich in einer demokratischen internationalen Organisation zu vereinen, um mit einer starken Stimme zu sprechen. Nur so könne sich ihre Lage verbessern. Der Wissenschaftler schätzt, dass es 2020 im Mittleren Osten aufgrund der Verfolgung durch radikale Muslime nur noch zwei Prozent Christen geben wird. Er beklagte, dass es zu viele Konfessionen und kein Gefühl für die Einheit der Christen im Mittleren Osten gebe. Wenn sich arabische Christen in einer internationalen Organisation zusammenschließen würden, in der alle Konfessionen vereinigt wären, könnten sie ihre Ziele eher durchsetzen, so der Wissenschaftler. An dem Kongress nahmen auf Einladung des Christlichen Gästezentrums Schönblick und der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) vom 15. bis 18. November rund 650 Experten teil.
Der Westen ist für die Entstehung des IS mitverantwortlich
Schwäbisch Gmünd/Washington (idea) – Für die Entstehung der Terrororganisation „Islamischer Staat“ ist der Westen mitverantwortlich. Diese Ansicht äußerte der Experte für islamistischen Terrorismus, Prof. Rainer Rothfuß (Lindau), beim Kongress „Christenverfolgung heute“, der am 18. November nach viertägiger Dauer in Schwäbisch Gmünd zu Ende ging. Zu dem Treffen mit rund 650 Teilnehmern hatten das Christliche Gästezentrum Schönblick und die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) eingeladen. Seit mehr als 50 Jahren versuchten vor allem die USA, eigene wirtschaftliche und politische Interessen im Nahen und Mittleren Osten durchzusetzen, sagte Rothfuß in einem Seminar. Zunächst hätten sie geholfen, im Iran ein prowestliches Regime zu etablieren. 1979 sei der Schah durch den schiitischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini (1902–1989) gestürzt worden, der einen radikalen Islam propagierte. In den 80er Jahren hätten die USA die afghanischen Taliban gegen die sowjetischen Invasoren unterstützt und ab 1991 den irakischen Diktator Saddam Hussein (1937–2006) bekämpft. Mit mehreren inzwischen als Lügen entlarvten Informationen, etwa über einsatzbereite Massenvernichtungswaffen, hätten die USA eine Koalition geschaffen, die nicht nur zum Sturz des sunnitischen Muslims Hussein geführt, sondern auch sämtliche sunnitische Militärs und Beamte gegen sich aufgebracht habe. Sie bildeten heute das Rückgrat des IS. Auch im Syrienkonflikt hätten die USA das Ziel verfolgt, den mit dem Iran verbündeten und von Russland unterstützten Herrscher Baschar al-Assad zu schwächen. Deshalb hätten sie die meist islamistischen Rebellengruppen durch Ausbildung und mit Waffen gefördert. Geheimdienstdokumente belegten, dass sie bereits 2012 mit der Gründung einer Organisation wie IS gerechnet und deren Auswüchse dennoch in Kauf genommen hätten. Diese Tatsachen, so Rothfuß, müssten Christen zu einer differenzierten Beurteilung der komplexen Vorgänge im Nahen Osten veranlassen.
Muslime mit eigenen Menschenrechten
Rothfuß zufolge sind die Verbrechen des IS an Christen, Jesiden und Muslimen unentschuldbar. Allerdings stellten sie eine genaue Umsetzung von Anweisungen des Korans dar. Auch die von 57 islamischen Staaten 1990 beschlossene Kairoer Menschenrechtserklärung rechtfertige die Grausamkeiten. Darin heiße es beispielsweise, dass Muslime niemanden töten dürfen, außer wenn die Scharia (islamische Gesetzgebung) es verlange. Davon sind Muslime betroffen, die zum christlichen Glauben übertreten, ebenso wie Christen, die angeblich den Propheten Mohammed beleidigt haben. „Warum hat es die Weltgemeinschaft hingenommen, dass so viele Staaten die 1948 von allen Ländern beschlossene Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als ungültig betrachten?“, fragte Rothfuß. Die westlichen Staaten hätten den Anfängen wehren sollen. Auch beim Klagen über die Christenverfolgung durch den IS und andere radikale Islamisten dürfe der westliche Anteil an der Entstehung der Terrororganisation nicht ausgeblendet werden, mahnte Rothfuß.
Putin: 40 Staaten unterstützen den IS finanziell
Unterdessen meldet die Internet-Zeitung Christian Post (Washington) unter Berufung auf die Agentur Russia today (Russland heute), dass rund 40 Staaten den IS finanziell unterstützen Darunter seien auch einige Staaten aus der Gruppe der 20 wichtigsten Wirtschaftsmächte (G 20). Im Mittelpunkt stehe der Handel mit Erdöl. Dies habe der russische Präsident Wladimir Putin Mitte November bei einem Treffen im türkischen Antalya mitgeteilt. Fotos von Aufklärungsflugzeugen zeigten kilometerlange Tankwagenkolonnen, mit denen der IS den Schwarzmarkt bediene.