19.09.2015

Krim: Geldstrafen für Baptisten

Medressen geschlossen - für ein Jahr oder für immer?

Krim: Geldstrafen für Baptisten

Medressen geschlossen - für ein Jahr oder für immer?

 

Mit Beginn des Studienjahres 2015/16 wurden mindestens fünf Medressen auf der Halbinsel Krim gezwungen, geschlossen zu bleiben. Eine der Koranschulen in Kolchugino war im Juni 2014 Opfer einer dramatischen Razzia durch bewaffnete Sicherheitskräfte. Auch vier der fünf dem Mufti der Krim unterstehende Medressen dürfen in diesem Studienjahr den Betrieb nicht aufnehmen. Man hofft, dass dies im nächsten Studienjahr möglich wird. Nach russischem Recht ist für den Betrieb von religiösen Bildungseinrichtungen eine spezielle Bewilligung erforderlich. Valentina Boiko vom Bildungsministerium der Krim behauptete gegenüber Forum 18 vehement, dass jede Form religiöser Bildung, sogar wöchentliche Unterrichtsstunden für Kinder zur Zeit der Gottesdienste, wie etwa Sonntagsschulen in Kirchen und christlichen Gemeinden, einer Bewilligung ihres Ministeriums bedürfen. Demgegenüber bestimmt Artikel 5, Teil 5 des russischen Religionsgesetzes, dass Religionsgemeinschaften das Recht haben, ihre eigenen Mitglieder im Rahmen ihrer eigenen internen Regelungen zu unterrichten.  Auch die Rechtsanwältin Inna Zagrebina, die sich mit großem Interesse für die Religionsfreiheit einsetzt, teilt den Standpunkt, dass Sonntagsschulen keine Bewilligung für religiöse Bildungseinrichtungen benötigen. „Diese Bewilligung benötigen nur berufsbildende Institutionen, Universitäten, Seminare, etc.“ meint die Rechtsanwältin.

Die Geldstrafen für acht von neun Mitgliedern der nicht registrierten Baptistengemeinde in Saki, die wegen des Abhaltens einer Freiluftversammlung im Dorf Maryankova in der zentralen Region der Krim verhängt worden war, wurden in zweiter Instanz bestätigt. Gegen den Leiter, Sergey Shokha, wurde eine Geldstrafe von 20.000 russischen Rubeln verhängt. Dies entspricht nach Aussagen von Bewohnern der Krim etwa sechs durchschnittlichen Wochenlöhnen. Die übrigen Baptisten wurden zu Strafen von je 10.000 Rubel verurteilt. Die nicht registrierten Baptisten praktizieren in Fällen dieser Art generell zivilen Ungehorsam, indem sie sich weigern, wegen der Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit verhängte Geldstrafen zu bezahlen.

Auch die protestantische Kirchengemeinde „Neue Generation“, die sich jeden Samstag im Kosmos Kino von Simferopol versammelt, bekam die Macht der russischen Polizei zu spüren. Bei einer Razzia am 4. Juli beschuldigte sie die Polizei des Extremismus, nahm die Passdaten der Anwesenden auf und nahm drei Mitglieder der Gemeinschaft mit auf die Polizeistation. Sie wurden einige Stunden festgehalten, wurden befragt und mussten schriftliche Aussagen machen. Die Polizei nahm ihnen auch ihre Pässe ab. Danach wurde ihnen befohlen, am 6. Juni wieder zur Polizeistation zu kommen. Bei diesem Anlass wurden  ihnen ein Gerichtsverfahren und eine Geldstrafe angedroht. Den Personen, die keine russischen Staatsbürger sind, wurde mit Abschiebung gedroht. Die „Neue Generation“ hat sich um Anerkennung als religiöse Gruppe bemüht, eine Kategorie, bei der lediglich die Verständigung der Behörden erforderlich ist und keine Rechtspersönlichkeit verliehen wird. Doch die Behörde schrieb zurück, man würde dennoch eine Erlaubnis für jede einzelne Versammlung benötigen. Die Gemeinde versammelt sich weiterhin und bisher wurde keine Geldstrafe verhängt. Allerdings nehmen jetzt weniger Personen an den Gottesdiensten teil als vor der Razzia.

Insgesamt ist es seit der Annexion der Krim durch Russland zu zahlreichen Razzien der Polizei sowie von Beamten der Staatsanwaltschaft in Kirchen und christlichen Gemeinden, Moscheen, Medressen, Buchläden, Bibliotheken sowie Königreichssälen der Zeugen Jehovas gekommen, wobei insbesondere auch nach Literatur gesucht wurde, die von russischen Gerichten als „extremistisch“ eingestuft wird.       

Quelle: Forum 18, Oslo

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA