24.03.2018

Usbekistan: Versuch eines Schauprozesses

Die Behörden in der Region Navoi im Südwesten Usbekistan führen immer wieder Razzien gegen Baptisten durch und verhängen Geldstrafen, um sie daran zu hindern, sich zum Gottesdienst zu versammeln. Außerdem versuchen die Behörden laut Angaben örtlicher Baptisten, die aus Furcht vor staatlichen Repressalien nicht namentlich genannt werden wollen, die Familienangehörigen von Christen, die der usbekischen Volksgruppe angehören, dazu zu bringen, nicht mehr an christlichen Versammlungen teilzunehmen. Ein wesentlicher Teil der Baptisten sind Russen oder Angehörige anderer Minderheiten. In einem Gerichtsverfahren in Urgentsch versuchten die Behörden, zwei Baptisten dazu zu bringen, während der Verhandlung „Reue zu zeigen und um Vergebung zu bitten“. Dann könne der Richter eine mildere Strafe verhängen. Als die Baptisten den Gerichtssaal betraten, sahen sie TV Kameras. „Wir begriffen, dass sie einen Schauprozess veranstalten wollten, aber wir blieben fest und legten Zeugnis über unseren Glauben ab“, erklärte Stanislav Kim gegenüber Forum 18. Er wurde zu einer Geldstrafe von 100 monatlichen Mindestgehältern verurteilt, sein Mitangeklagter Oybek Rahimov zu 90 Mindestgehältern. Kim erklärte gegenüber Forum 18, dass sie die Geldstrafe nicht zu bezahlen beabsichtigen, da sie nur ihr von der Verfassung garantiertes Recht auf Religionsfreiheit ausgeübt haben.

Im Januar kam es zu einer Razzia in der Baptistengemeinde von Navoi. Die Namen und Wohnadressen der Gottesdienstbesucher wurden notiert. Danach kam es zu weiteren Razzien in den Wohnungen der Baptisten und in einem Geschäft, das einem Baptisten gehört. Bei den Razzien wurde auch Literatur beschlagnahmt.

Am 26. Januar holte die Polizei den 8-jährigen Sohn des Baptisten Nikolay Pivtsev, in dessen Wohnung zwei Tage zuvor eine Razzia stattgefunden hatte, aus der Schule und brachten ihn zur Bezirksverwaltung (Mahalla Komitee), wo ihn Beamte in Abwesenheit seiner Eltern und ohne diese zu informieren befragten. Sowohl die Polizei als auch die Lehrer haben Kindern wiederholt erklärt, dass sie bestraft werden, wenn sie irgendeine Gottesdienststätte, egal ob Moschee oder Kirche, besuchen. Es gibt kein formelles Verbot des Gottesdienstbesuchs für Kinder und Jugendliche, doch Beamte üben oft Druck auf Gemeinschaften aller Glaubensrichtungen aus, Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an Gottesdiensten und religiösen Handlungen zu verbieten. Nach der Befragung des Sohns von Nikolay Pivtsev wurde dieser mit seiner Mutter wieder vor das Mahalla Komitee vorgeladen. Der Familie wurden Geldstrafen oder eine Verurteilung zu einer kurzen Haftstrafe (bis zu 21 Tage) angedroht, sollte Pivtsev weiterhin die Gottesdienste der Baptistengemeinde besuchen. Ende Februar wurden Pivtsev und ein weiterer Baptist zu einer Geldstrafe von je zwei monatlichen Mindestgehältern verurteilt.

Am 19. Februar wurden die Baptisten Nikolay Serin, Artur Alpayev und Ilya Bachurin vom regionalen Verwaltungsgericht Navoi wegen Missionstätigkeit zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 monatlichen Mindestgehältern verurteilt.

 

Quelle: Forum 18, Oslo

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA