14.03.2025

Syrien: Open Doors - Kein „Völkermord an Christen“

Es gebe keine Beweise für solche Behauptungen im Internet

Kelkheim/Göttingen (IDEA) – Das überkonfessionelle Hilfswerk Open Doors Deutschland (Kelkheim bei Frankfurt am Main) warnt vor Online-Berichten über einen angeblichen „Völkermord an Christen“ in Syrien. Sie könnten die dortige Kirchen gefährden. Das geht aus einer Pressemitteilung der Organisation hervor. Am 6. März hatten Anhänger des früheren Machthabers Baschar al-Assad Sicherheitskräfte und Zivilisten mehrere Ortschaften in der Küstenprovinz Latakia angegriffen. Angehörige islamistischer Milizen schlugen daraufhin zurück. Es kam zu einem Massaker an der alawitischen Minderheit, der auch der nach Russland geflüchtete Assad angehört, mit mindestens 1.000 Toten. Laut Open Doors kursierten danach Behauptungen in den Sozialen Medien über einen angeblichen „Völkermord an Christen“ in Syrien. Laut dem Sprecher für den Nahen Osten und Nordafrika, Matthew Barnes, gibt es aber keine Beweise für einen größeren Angriff auf Christen. Er warnte vor den möglichen Auswirkungen solcher Gerüchte: „So etwas kann auf die Christen in Syrien zurückfallen.“ Er verwies dabei auf den Fall einer namentlich nicht genannten christlichen Nichtregierungsorganisation in Europa. Diese habe kürzlich Klage gegen den neuen Präsidenten Syriens, Ahmed al-Scharaa, eingereicht. Als Reaktion habe dieser einen Bischof der Konfession, der das Werk angehöre, vorgeladen. Falschmeldungen würden wahrscheinlich von der syrischen Übergangsregierung gelesen und könnten „schreckliche Auswirkungen“ auf die Christen im Land haben, so Barnes. Weiter erklärte er: „Viele Christen in der syrischen Mittelmeerregion haben Angst, dass die jüngsten Vorfälle eine neue Spirale der Gewalt auslösen könnten und dass sie ins Kreuzfeuer geraten.“ Sollten Gewalttaten wie das jüngste Massaker alltäglich werden, fürchtet der Syrien-Experte einen erneuten großen Exodus der Christen.

Anhaltende Angriffe auf Alawiten

Anzeichen für einen Völkermord an den Alawiten sieht der syrisch-katholische Erzbischof von Homs, Jacques Mourad, jedoch gegeben. Das äußerte er bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Kloster Steinfeld in der Eifel. Er bezeichnete das Massaker als „schreckliches Verbrechen“. Aus seiner Sicht trage dafür die syrische Übergangsregierung die Verantwortung. Er prangerte aber auch die Rolle der Türkei an. Auf der Höhe von Idlib seien die Grenzen nach Syrien offen. „Da kommen die Militärs, diese fanatischen Gruppen, durch, um diese Massaker zu verüben.“ Indes beklagte die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) die andauernden Angriffe auf Alawiten an der syrischen Mittelmeerküste. Ihr Nahostreferent Kamal Sido äußerte: „Es gibt weiterhin Aufrufe zur Vernichtung der Minderheit.“ Er forderte die deutsche Bundesregierung dazu auf, Druck auf die syrische Übergangsregierung auszuüben. Sowohl Deutschland als auch die internationale Gemeinschaft müssten alles dafür tun, um einen Völkermord an der alawitischen Gemeinschaft in Syrien zu verhindern. „Deutschland steht in der Verantwortung, denn die Islamisten, die heute in Syrien an der Macht sind, wurden auch von Deutschland unterstützt“, so Sido. Gleichzeitig übte der Menschenrechtler scharfe Kritik an den neuen syrischen Machthabern, die den Minderheiten des Landes Schutz zugesichert hatten. Tatsächlich unterscheide sich der kursierende Entwurf der neuen Verfassung wenig von der unter Assad. Im Gegenteil: Sie bekräftige die Prinzipien der islamischen Gesetzgebung Scharia. Von einer Glaubensfreiheit spreche sie, wenn auch unter Vorbehalt, nur in Bezug auf die Buchreligionen – also dem Islam, dem Christen- und dem Judentum. Jesiden hätten unter einer solchen Verfassung kaum eine Möglichkeit der freien Glaubensausübung.