23.01.2021

Usbekistan: Fünf Jahre Gefängnis, weil er die Religions- und Glaubensfreiheit von Muslimen verteidigt hat

AKREF/A 23.1.2021 - Nachdem er sich mehrmals für die Religionsfreiheit von Muslimen eingesetzt und auch vor der Residenz von Präsident Shavkat Mirziyojev demonstriert hatte, wurde der 49-jährige Tulkun Astanov zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Astanov war bereits im Oktober 2019 zu der bedingten Haftstrafe verurteilt worden, die nunmehr in eine unbedingte umgewandelt wurde. Das ursprüngliche Urteil war ergangen, weil er den vom Staat kontrollierten Muslimrat besucht hatte, um über die Einschränkungen der Religions- bzw. Glaubensfreiheit zu sprechen. Grund des Besuchs war Astanovs Beobachtung eines Gerichtsverfahrens, bei dem zwei muslimische Frauen erfolglos versucht hatten, das Verbot des Tagens des Hidschabs anzufechten. Bei dem Gespräch am 8. April 2019 fragte Astanov den stellvertretenden Obermufti Abdulaziz Mansur unter andrem, weshalb der Hidschab verboten sei und weshalb die Imame vom Staat ernannt werden müssen und die für sie vom Staat vorbereiteten Predigten halten müssen. Weiters fragte er, weshalb das Muftiat Muslime nicht unterstützt, wenn ihre Religions- bzw. Glaubensfreiheit verletzt wird. Der stellvertretende Obermufti beschuldigte Astanov, ein „Hooligan“ zu sein und sich gegenüber der sogenannten „geistlichen Leitung“ des Muftiats respektlos zu verhalten. Man rief die Polizei, die Astanov noch am selben Tag festnahm. Danach musste er eine Haftstrafe von 15 Tagen verbüßen. Nach seiner Entlassung und auch nach seiner Verurteilung zu der bedingten Haftstrafe von fünf Jahren setzte er sich weiter für Muslime ein, deren Recht auf Religionsfreiheit verletzt wurde. Daher überschritt er – entgegen den Auflagen des bedingten Urteils – im November 2020 die Stadtgrenze von Taschkent, um Muslime in Yangikurgan in der Region Namangan und in Chinaz in der Region Taschkent vor den Behörden zu verteidigen. Er hatte zuvor seinen Bewährungshelfer um Erlaubnis gebeten, diese Orte zu besuchen. Doch diese wurde verweigert. Sein Rechtsanwalt betont, dass Astanov nur diese Bewährungsauflage verletzt und das über ihn verhängte nächtliche Ausgehverbot stets eingehalten hat.

Die der Präsidialverwaltung unterstehende Informations- und Massenkommunikationsstelle (AIMC) legte im November 2020 einen Bericht über die Aktivitäten Astanovs in den sozialen Medien vor, in dem sie Astanov vorwarfen, auf „voreingenommene Medien“ wie Radio Free Europe zu hören und „unbelegte und übertriebene“ Informationen zu verbreiten. Nach der Verhängung der unbedingten Strafe wurde Astanov in das Gefängnis allgemeinen Regimes Nr. 1 verlegt, obwohl dies nach dem Gesetz erst nach der Entscheidung über seine Berufung erlaubt ist. „Mein Mandant wurde gegen das Gesetz ins Gefängnis gebracht, ohne auf den Ausgang des Berufungsverfahrens zu warten“, erklärte sein Anwalt. Im Gefängnis wird es dem Gewissensgefangenen Astanov nicht erlaubt, den Koran zu lesen oder die für Muslime vorgeschriebenen täglichen Gebete (Namaz) zu verrichten. Dies ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen (Mandela-Regeln). Astanovs Frau berichtete gegenüber Forum18: „Wir haben einige Minderjährige in der Familie mit einigen Teenagern. Ich arbeite als Ärztin und habe wegen der Coronavirus Pandemie manchmal Nachtdienst im Krankenhaus. Es ist sehr schwer für mich, alle Probleme der Familie alleine zu bewältigen. Es ist so unfair, uns dafür zu bestrafen, dass wir einfach nur versuchen, gute Muslime zu sein.“

Quelle: Forum 18, Oslo (Meldung vom 22. Januar 2021)

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA