23.02.2021
Frankreich: Ein dringend nötiges Gesetz zum Schutz der Freiheit
Das französische Parlament hat einen Gesetzentwurf gebilligt, mit dem die Regierung schärfer gegen Islamisten vorgehen will. Dazu ein Kommentar von Pfarrer Steffen Reiche
idea/23.02.2021 - Wer in Europa leben will, muss akzeptieren, was wir uns über Jahrhunderte hinweg erkämpft und erarbeitet haben. Das gilt! Im Rahmen der Meinungsfreiheit kann man davon abweichen. Aber man muss wissen, ab wann man sich strafbar macht. Damit das in Frankreich besser geklärt ist als bisher, hat die Nationalversammlung jetzt in erster Lesung ein umstrittenes Gesetz gegen Islamismus gebilligt. 347 Abgeordnete waren dafür. Dagegen: 151. Das „Gesetz zur Stärkung der Prinzipien der Republik“ ist dringend nötig. Es ist das Ergebnis eines Bewusstseinswandels. Denn die Franzosen waren dabei, ihre Laïcité zu verraten. Und wir sind dabei, indem wir ständig ein Auge zudrücken, unser Grundgesetz zu verraten. Wer beide Augen zudrückt, ist blind. Beim Recht gibt es keinen Rabatt. Es müssen sich alle in gleicher Weise daran halten. Das ist der Kern des Rechts.
Kein Anti-Islam-Gesetz
Das Gesetz ist kein Anti-Islam-Gesetz. So verleumden es nur die von rechts und links. Die einen voller Wohlwollen, die anderen mit Ekel. Das Gesetz stärkt 1. die Neutralität des Öffentlichen Dienstes. Denn das, was für alle ist, muss neutral sein und nur dem Recht verpflichtet. Es überwacht 2. endlich den Hausunterricht. Demokratie lebt nur dann morgen noch, wenn heute nicht die Kinder für krude Ideen gekapert werden. 3. Nicht nur der Einzelne ist den Menschenrechten verpflichtet, sondern auch Organisationen. Deshalb müssen sie besser überwacht werden. Alle religiösen Gemeinschaften müssen transparent sein. Da kann man nicht bei arabischen Gemeinschaften ein Auge zudrücken und sagen: „Die sind doch neu hier.“ So schafft man letztlich saudische oder türkische, tunesische oder algerische Exklaven. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ gilt weltweit. Wir wollen nicht, dass Lieder gegen Menschenrechte, bezahlt von anderen Ländern, in europäischen Hinterzimmern gesungen werden. Es gibt genug Orte auf der Welt, wo man das kann! Leider.
Gegen Zwangsehen
Wenn eine Frau freiwillig als Jungfrau in die Ehe gehen will, darf sie das. Aber niemand darf sie zukünftig mehr zwingen, ein Zertifikat dafür vorzulegen. Es gibt immer noch genug Orte, wo man Frauen wie Untergebene heiraten kann. In Frankreich soll daher jetzt mit größerer Verbindlichkeit als bisher gelten, dass niemand mit Zwang verheiratet werden darf. Das Gesetz ist notwendig. Ein Vorzeigeprojekt von Präsident Macron? Ja, das kann man vorzeigen. Aber es bleibt zu befürchten, dass wir weitere brauchen. Nicht nur in Frankreich, sondern am besten gleich für Europa. Denn das Problem haben alle. Manche nur noch nicht jetzt.
(Der Autor, Steffen Reiche, ist Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Nikolassee in Berlin. Er war Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei der DDR und von 1994 bis 2004 Minister der SPD in Brandenburg.)