29.03.2021

Usbekistan: Geldstrafen, kurze Gefängnisstrafen, Vernichtung von Zeitschriften

Am 18. Januar verurteilte ein Gericht in der Hauptstadt Taschkent Tatiana Akhmadiyeva, Mitglied einer lokalen Baptistengemeinde, zu einer Geldstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Wochenlöhnen. Ihr Vergehen: Sie hatte bei einer privaten Weihnachtsfeier für Nachbarn und Nachbarinnen 15 Exemplare der christlichen Zeitschrift Herold der Wahrheit weitergegeben. Diese wurden allen Personen, die sie angenommen hatten, am nächsten Tag von der Polizei abgenommen. Frau Akhmadiyeva wurde zur Polizeistation geladen, wo sie von einem Beamten der Abteilung zur Bekämpfung des Terrorismus und Extremismus über die Zeitschriften befragt und gefilmt wurde.  Baptisten aus Taschkent erklärten gegenüber Forum 18, dass die Gerichtsverhandlung nur 15 Minuten dauerte und der Richter die vorgeschriebene Belehrung über Rechte und Pflichten der Angeklagten nicht erteilte. Das Gericht verfügte auch die Vernichtung der Zeitschriften. Vor 2019 waren Verletzungen der Religionsfreiheit durch Razzien, Geldstrafen, Beschlagnahme und Vernichtung religiöser Schriften weit verbreitet. Tatiana Akhmadiyeva legte Berufung ein, doch die Entscheidung des Gerichts erster Instanz wurde auch vom Städtischen Strafgerichtshof von Taschkent aufrecht erhalten.

Der muslimische Arzt Alimardon Sultonov wurde am 3. März aus dem Gefängnis entlassen. Die bis zu diesem Tag verbüßte Haftstrafe war wegen seiner Diskussionen über Themen der Religions- bzw. Glaubensfreiheit und des Anzweifelns der veröffentlichten Zahlen im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus verhängt worden. Dennoch veröffentlichte Dr. Sultonov bereits am 8. März ein 20-minütiges Video, in dem er ausführte: „Der Präsident hat grundlegende Veränderungen und eine Verbesserung des Lebens der Bürger und der Menschenrechtslage versprochen, doch es haben keine wesentlichen Veränderungen stattgefunden. Die Behörden sind selbstgefällig und die Allgemeinheit schweigt aus Furcht vor den Behörden über die alltäglich stattfindenden Menschenrechtsverletzungen.“ Bereits am nächsten Tag bekam Dr. Sultonov Besuch von der Kriminalpolizei an seinem Arbeitsplatz im Krankenhaus. Der Beamte Adil Amatov drohte Sultonov mit Gefängnis oder Unterbringung in einer psychiatrischen Abteilung, sollte er weiterhin kritische Kommentare veröffentlichen. Bei derselben Gelegenheit erwähnte Amatov auch den muslimischen Gewissensgefangenen Tulkun Astanov, der im Januar zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war, weil er wiederholt die Glaubensfreiheit von Muslimen verteidigt hatte. Der Beamte fragte: „Wo ist Astanov jetzt?“ und fügte hinzu: „niemand erinnert sich jetzt an ihn. Er wird im Gefängnis verrotten.“

Quelle: Forum 18, Oslo (Meldung vom 1. April 2021)

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA