02.04.2021

Deutschland: Mutmaßlicher Islamist in „Expert*innenkommission“

Mohamad Hajjaj: „Welt“-Artikel zeichnet „Feind- und Zerrbild“

Berlin (IDEA/01.04.2021) – Mit Mohamad Hajjaj gehört ein mutmaßlicher Islamist zu der seit Februar bestehenden „Expert*innenkommission zu antimuslimischem Rassismus“ des Bundeslandes Berlin. Das hat die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet. Demnach war Hajjaj – Geschäftsführer des islamischen Vereins „Inssan“ – in Vereinen aktiv, die vom Verfassungsschutz als islamistisch bewertet werden. Der Muslim sei 2014 in einem Interview mit dem Internetportal web.de als Leiter des Hauptstadtbüros der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland (PGD) zitiert worden. Im Herbst 2014 habe die Berliner Innenverwaltung zur PGD mitgeteilt, dass sie „als Organisation von Anhängern der islamistischen Terrororganisation Hamas“ gelte. Außerdem heiße es im Hamburger Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2016, dass die Hamas in Deutschland durch die PGD repräsentiert werde. Hajjaj habe auf Nachfrage bestritten, bei der PGD aktiv gewesen zu sein. Der „Welt“ liege jedoch eine Mail von Hajjaj vor, in der er das Interview gegenüber der Journalistin autorisiert habe. Das Schreiben sei mit einer Mailadresse, die zur Website der PGD gehöre, verfasst worden. Auch die türkische Nachrichtenagentur Anadolu habe den Muslim 2014 mit einer anderen Schreibweise des Vornamens als zugehörig zur PGD zitiert. Weiter heißt es in dem Artikel, dass Hajjaj noch immer stellvertretender Vorsitzender des Teiba-Kulturzentrums sei. Das habe ein Abruf des Vereinsregisters beim Amtsgericht Charlottenburg gezeigt. Im Bericht des Berliner Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2016 werde das Teiba-Kulturzentrum unter den Punkten „Islamistische Moscheevereine und Hilfsorganisationen“ bzw. „Verbindungen von Berliner Vereinen zur Muslimbruderschaft und Islamischen Gemeinschaft in Deutschland“ genannt.

Auch „Inssan“ wurde vom Verfassungsschutz beobachtet

Laut „Welt“ wurde auch „Inssan“ bereits vom Verfassungsschutz beobachtet. Von 2007 bis 2009 sei der Verein im Berliner Bericht als muslimbrudernah geführt worden. 2018 habe Berlins Innenverwaltung mitgeteilt, dass einzelne „Inssan“-Mitglieder „personelle Verbindungen“ zum Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum Berlin (IKEZ) hätten. Das IKEZ ist laut dem Berliner Verfassungsschutzbericht von 2017 ein „Berliner Treffpunkt von Hamas-Anhängern“. Die Islamismusexpertin Sigrid Herrmann-Marschall (Düsseldorf) sagte gegenüber der Zeitung, dass der Verein sich in den letzten Jahren ein großes Netzwerk aufgebaut habe. „Inssan“ könne man in seiner Bedeutsamkeit gar nicht überschätzen, so Herrmann-Marschall. Der Leiter der „Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland“, Carsten Frerk (Berlin), sagte, dass sie den Verein in Deutschland schon lange beobachte. „Es ist beeindruckend, wie erfolgreich der Verein mit seiner Lobbyarbeit ist und die staatliche Förderung immer weiter ausweiten kann“, so Frerk. „Inssan“ gehört dem Dachverband Zentralrat der Muslime an und wird laut „Welt“ seit dem Jahr 2010 mit hohen Summen staatlich gefördert.

Hajjaj: Ich habe Morddrohungen und Hassnachrichten erhalten

Hajjaj wies die Darstellung auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA zurück. Der „Welt“-Artikel sei ein gutes Beispiel dafür, wie man über eine „konstruierte Kontaktschuld“ versuche, eine Organisation oder Personen zu „denunzieren“. „Es wurde ein Feind- und Zerrbild gezeichnet, in dem ich mich und meine Organisation nicht wiedererkenne – und vor dem ich selbst erschrecken würde“, so Hajjaj. Nach seinen Angaben spielen menschenrechtliche Aspekte in seiner Arbeit eine zentrale Rolle. Er habe sich stets gegen jegliche Form von Antisemitismus ausgesprochen. Er habe sich auch niemals von Organisationen oder Ideologien vereinnahmen lassen, habe aber auch keine „Berührungsängste“ mit Organisationen, die „kritisch beäugt“

werden, solange sie „nachweislich auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung agieren“. Er habe im Nachgang an die „Welt“-Berichterstattung „Hassnachrichten, Morddrohungen und Gewaltdrohungen, einen Shitstorm, Drohungen für die Familie und persönliche Meidung“ erfahren.