20.04.2021

Nordzypern: Pastor der illegalen Einfuhr von Bibeln beschuldigt

Ihm droht einen Strafe von bis zu 60.000 Euro

Famagusta (IDEA) – Im türkisch besetzten Nordzypern muss sich ein Gemeindeleiter wegen illegaler Einfuhr von Bibeln vor Gericht verantworten. Der vierfache Vater Ryan Keating (44) betreibt ein Café in Famagusta, in dem der gebürtige US-Amerikaner auch Wein verkauft. In den gleichen Räumlichkeiten versammelt sich auch eine türkisch-englische Gemeinde, in der er als Co-Pastor arbeitet. Wie Keating der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA berichtete, durchsuchten Polizeibeamte am 27. Januar sein Haus und seine Geschäftsräume. Dabei fanden sie 20 Bibeln und 86 Neue Testamente in Farsi, 15 Bibeln und 92 Neue Testamente auf Arabisch sowie zwei Kisten mit Johannesevangelien in beiden Sprachen. Die Behörden warfen ihm daraufhin illegalen Import der Literatur vor. Er habe das Material von einem Besucher geschenkt bekommen, erklärte er IDEA. Die Behörden schätzten den Wert der christlichen Bücher auf 5.000 bis 6.000 Euro. Am 31. März wurde Anklage erhoben. Sollte Keating schuldig gesprochen werden, droht ihm die zehnfache Summe als Strafe. Der Prozess kann bis zu drei Jahre dauern. In dieser Zeit darf der Pastor nicht ausreisen. Um nicht in Untersuchungshaft zu kommen, musste er zwei Bürgen benennen. 1974 hatte die Türkei den Norden der Insel unter ihre Kontrolle gebracht und neun Jahre später zur Türkischen Republik Nordzypern mit eigener Regierung erklärt. Die internationale Staatengemeinschaft erkennt den Staat jedoch nicht an.

Keating: Christliche Arbeit ist der Grund für die Anschuldigungen

Keating ist überzeugt, dass hinter den Anschuldigungen Beschwerden im Zusammenhang mit seiner christlichen Arbeit stehen. Dahinter vermutet er eine kleinere Gruppe mit politischer Macht, ohne sie jedoch benennen zu können. Eine von der Politik angezettelte Verfolgung kann er jedoch nicht erkennen. Bei dem Verhör sei er ausschließlich zu seiner Gemeindearbeit befragt worden, nicht jedoch über sein Cafe, den Weinhandel oder die Bibeln. Man habe ihm unter anderem vorgeworfen, Verbindungen zu terroristischen Gruppierungen zu haben und dafür Geld aus dem Ausland zu erhalten. Dies habe er bestritten und sei später auch nicht Teil der Anklage gewesen. Eine türkeifreundliche Zeitung habe ihm Ähnliches unterstellt. Er sei zudem ein Schüler des US-Pastors Andrew Brunson gewesen. Dieser hatte seit 1993 in der Türkei gelebt und war 2016 als Terrorverdächtiger inhaftiert worden. Erst 2018 war Brunson auf Druck der US-Regierung freigekommen. Keating betont gegenüber IDEA jedoch, dass er Brunson kaum kenne und ganz sicher kein Schüler von ihm gewesen sei. Er habe Klage gegen die Zeitung eingereicht.

Einreiseverbot in der Türkei

Keating war mit seiner Familie im Februar 2017 nach Nordzypern gezogen, nachdem er nicht mehr in der Türkei leben durfte. Er hatte dort zehn Jahre lang als Doktorand und Leiter einer christlichen Hilfsorganisation gearbeitet. Als er für eine Veranstaltung nach Großbritannien reiste, habe man ihm die Einreise zurück in die Türkei verwehrt. Es handele sich um ein lebenslanges Einreiseverbot, so Keating. Bereits seit einigen Jahren werden ausländischen Christen in der Türkei die Visa nicht verlängert oder es wird ihnen die Einreise verweigert. In ihrem neuesten Jahresbericht spricht die Evangelische Allianz davon, dass allein im vergangenen Jahr insgesamt etwa 30 Leiter das Land verlassen mussten.