06.05.2021

Australien: Australisch-jüdische Gemeinschaft fordert Israel und Australien auf, den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen

BF/IIRF-D/Tübingen/06.05.21 - Jeremy Leibler, Präsident der Zionist Federation of Australia, hat sowohl Australien als auch Israel dazu aufgerufen, den Völkermord an den Armeniern vor einem Jahrhundert anzuerkennen, berichtet die Australian Jewish News (AJN). "Es ist unsere moralische Pflicht als Juden und als Unterstützer Israels, in Angelegenheiten wie diesen die Wahrheit zu sagen", sagte er.

Die Kommentare von Herrn Leibler kommen inmitten einer Reihe von Forderungen der australisch-jüdischen Gemeinde, dass der australische Premierminister Scott Morrison das Massaker an Armeniern und anderen Christen durch das Osmanische Reich als Völkermord anerkennen solle.

In einem AJN-Leitartikel vom 30. April 2021 heißt es: "Die Welt erkennt die Tragödie und den Schrecken des Holocaust an, so wie sie es sollte. Aber viele Nationen - einschließlich Australien und Israel - haben sich davor gedrückt, den armenischen Völkermord offiziell anzuerkennen."

Der Leitartikel fügt hinzu: "Einer der Gründe, warum wir des Holocausts gedenken, ist, um sicherzustellen, dass solche Schrecken nie wieder geschehen - nicht nur an Juden, sondern an jedem. Wir können nicht darauf bestehen, dass die Welt sich daran erinnert, was unserem Volk widerfahren ist, ohne darauf zu bestehen, dass sie auch anerkennt, was anderen widerfahren ist."

Zwischen 1893 und 1923 wurden im Osmanischen Reich etwa 1,5 Millionen Armenier im Rahmen einer Politik der Ausrottung der christlichen Minderheiten getötet. Zusätzlich wurden zwischen 1914 und 1923 etwa 2,25 Millionen assyrische, griechische und syrische Christen innerhalb der osmanischen Territorien umgebracht, was eine Gesamtzahl von 3,75 Millionen getöteten Christen ergibt.

Die verstärkten Rufe der australisch-jüdischen und australisch-armenischen Gemeinden nach Anerkennung begannen bereits, bevor der Präsident der Vereinigten Staaten Joe Biden als erster US-Präsident das Gemetzel in einer Erklärung zum armenischen Gedenktag am 24. April offiziell anerkannte.

Einige Tage zuvor, am 20. April, hatte ein Plenum des New South Wales Jewish Board of Deputies (JBOD) seine volle Unterstützung für einen Aufruf des Executive Council of Australian Jewry (ECAJ) zugesagt, dass alle Nationen und Regierungen "die Realität dieser Genozide anerkennen".

Peter Wertheim, Co-CEO des ECAJ, sagte bei dem Treffen, es sei wichtig, "die Stimme zu erheben und ein Licht zu werfen ... denn Schweigen ist eine Form der Komplizenschaft - je länger es andauert, desto mehr verbreiten sich diese Arten von Gräueltaten".

Später fügte er gegenüber den AJN hinzu: "Die Massentötungen von Armeniern [und Assyrern und Griechen] durch die osmanischen Streitkräfte waren nicht nur ein zufälliges Nebenprodukt des Ersten Weltkriegs - sie waren offiziell angeordnet, organisiert und systematisch. Die von Historikern erbrachten Beweise sind überwältigend."

Er bezeichnete Drohungen der Türkei mit Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Nationen wie Australien, "wenn sie es wagen, den Völkermord anzuerkennen", als "nicht das Verhalten einer Regierung, die überzeugt ist, die Wahrheit auf ihrer Seite zu haben".

Während des Plenums enthüllte JBOD-Geschäftsführer Vic Alhadeff, dass er Tage zuvor einen Brief vom türkischen Generalkonsulat in Sydney erhalten hatte, in dem "tiefe Enttäuschung und Bedauern" über die Tagesordnung des Plenums ausgedrückt wurde und der sogar eine Behauptung enthielt, die "die Definition von Völkermord in Frage stellt".

Der jüdische australische Abgeordnete Julian Lesser war einer der ersten Abgeordneten, der die Absichtserklärung 2020 der Joint Justice Alliance unterzeichnete, die die australische Regierung auffordert, den Völkermord am armenischen, griechischen und assyrischen Volk anzuerkennen. In einer Videobotschaft, die im Plenum gezeigt wurde, sagte er, dass das Gemetzel, das von Journalisten und ausländischen Beamten beobachtet wurde, unter den Teppich gekehrt worden sei.

 

"Als Juden haben wir eine besondere Verantwortung, dies anzuprangern - den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts -, weil man sich daran erinnern muss, dass der Mann, der den größten Völkermord orchestriert hat, gegen unser Volk - Adolf Hitler - seine Handlungen rechtfertigte, indem er sagte, und ich zitiere: 'Wer spricht denn heute noch von der Vernichtung der Armenier?'"

Der Abgeordnete Joe Burns, dessen Großmutter mütterlicherseits als jüdischer Flüchtling aus Nazideutschland nach Australien kam, sagte gegenüber AJN: "Die Zeit für Gerechtigkeit ist jetzt." Er begrüßte Bidens Anerkennung und fügte hinzu: "Sie haben die wahre Geschichte anerkannt und globale Führung gezeigt."

Die assyrisch-australische Aktivistin und Anwältin Suzy David - die viele erweiterte Familienmitglieder hat, die seit Generationen Überlebende des Völkermordes sind - dankte dem australischen Judentum für seine wichtige Unterstützung.

In ihrer Rede vor dem Plenum sagte sie: "Indem ich Australien auffordere, diesen Völkermord formell anzuerkennen, bitte ich unsere jüdischen Brüder und Schwestern, diese Forderung zu unterstützen - nicht nur gegenüber Australien, sondern auch gegenüber dem Staat Israel."

Auch das Armenian National Committee of Australia (ANC-AU) hat Premierminister Morrison aufgefordert, das Gemetzel anzuerkennen. In einem offenen Brief fordert es Morrison auf, an seinen Überzeugungen festzuhalten, die er in einer Rede vor dem Parlament im Mai 2011 zum Ausdruck brachte, als er erklärte: "Heute, als Mitglied dieses Hauses, schließe ich mich anderen an diesem Ort und in Parlamenten auf der ganzen Welt an, um zu Protokoll zu geben, dass ich glaube, dass der armenische Völkermord eines der größten Verbrechen gegen die Menschheit war ... es ist wichtig, dass wir den armenischen Völkermord als das anerkennen, was er war."

Das Komitee sagte, dies stehe in krassem Gegensatz zu Morrisons jüngsten Äußerungen als Premierminister, in denen das Wort Völkermord nicht verwendet wurde.

Barnabas Fund führt eine Petition durch, die die Regierungen von Australien, Neuseeland und Großbritannien auffordert, den Völkermord an den Armeniern offiziell anzuerkennen. Zu den Ländern, die den Völkermord an den Armeniern offiziell anerkennen, gehören die USA, Chile, Frankreich, Deutschland und Russland.

Dr. Patrick Sookhdeo, Internationaler Direktor des Barnabas Fund, der im Februar 2021 an Präsident Biden schrieb und ihn aufforderte, den Völkermord offiziell anzuerkennen, schrieb im März auch an den britischen Premierminister Boris Johnson und bat die britische Regierung, den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen.

Quelle: Barnabas Fund 5. Mai 2021