Türkei: Eltern des Täters nahmen an der Gedenkfeier für ermordeten Priester teil

TRABZON, 12. Februar 2007 - Mit einer Gedenkfeier gedachten Christen am 5. Februar in Trabzon/Türkei der Ermordung des Priesters Andrea Santoros vor einem Jahr. Der italienische Priester wurde von einem 16-jährigen Jugendlichen erschossen. Unerwartet kamen auch die
Eltern des Mörders zur Gedenkfeier in die Kirche St. Marien und trafen Kardinal Camillo Ruini und den anatolischen Bischof Luigi Padovese. Zu einer Begegnung mit Santoros Mutter kam es
nicht. Dass sie jetzt, so der Bischof, „ehrlich betrübt waren", steht in Kontrast zu früheren Kommentaren der Mutter des Täters, die nach der Verurteilung ihres Sohnes in der türkischen
Presse mit den Worten zitiert wurde: „Wenn mein Sohn für den Staat, für das Volk eingesperrt wird, dann mit meinem Segen. Er ist für Allah in Haft." Oguzhan Aydin wurde im Oktober 2006
für die Erschießung Pater Santoros zu 18 Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Da er minderjährig ist, muss er vermutlich nur 10 Jahre und sechs Monate im Gefängnis bleiben.
„Meine Familie und ich haben mit ganzem Herzen vergeben", sagte Santoros Schwester einer
Tageszeitung nach der Messe. „Bevor Jesus starb, sagte er: ´Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.´"Ein Mitglied der Gemeinde gab den Medien eine Mitschuld am Tod des Priester und des
türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink, der ebenfalls von einem Jugendlichen ermordet wurde. Über beide sei negativ und nationalistisch berichtet worden. In der Lokalpresse hatte es
wütende Aussagen gegeben, der italienische Priester arbeite daran, Muslime zum Christentum zu bekehren. „Pater Andrea sagte uns immer, dass er sich um uns mehr Sorgen mache als um sich selbst", so ein ehemaliger Muslim, der die Kirche in den drei Jahren besuchte, in denen Santoro in Trabzon war.Ein türkischer Protestant sprach davon, dass die negative Berichterstattung über die Stadt in Teilen der Jugend Trabzons den nationalistischen Unmut gesteigert habe. Einige junge Leute hätten angefangen, eine weiße Mütze zu tragen, wie Ogun Samast, der Berichten zufolge die Ermordung Dinks eingestanden habe. Sie sehen in Samast einen Anführer und Helden, sagte
Sezgin Saglame. Die Mörder von Andrea Santoro und von Dinks stammen aus Trabzon.Die Verfolgung von Christen hat im vergangenen Jahr zugenommen. Angriffe auf katholische
Priester aus dem Ausland – wie im Juli, als ein Mann vor der Mater-Dolorosa-Kirche von Samsun auf einen älteren französischen Priester einstach – gab es auch in Izmir, Mersin und Samsun. Konvertiten werden angegriffen. Im Januar wurde die protestantische Agape-Kirche
Samsuns mit Steinen beworfen.
Compass Direct